Deerhoof - Deerhoof vs. evil
Polyvinyl / CargoVÖ: 28.01.2011
Das letzte Gefecht
Die Welt ist eine ausgestorbene Wüste. Während die alte Garde des Indie-NoWave-Noise-Whatever mittlerweile nur noch im Altersheim vor sich hin krachen darf, haben Deerhoof die Herausforderung angenommen und stellen sich mit ihrem zehnten Album dem Bösen. Es überrascht dann allerdings doch, dass sich die Band offenbar zu den Guten zählt. Denn eigentlich sind sie ja selbst die Kratzbürsten und rammten Melodien stets unangespitzt in den Boden. "Let's dance the jet" holt dann auch gleich den Frickel-Plastikpanzer aus der Garage und bohrt sich mit hohen Tönen ins Rhythmus-Rückgrat. Pop? Ja, irgendwo in den Strukturen von "Super duper rescue heads!" steckt auch der drin, wird aber innerhalb weniger Sekunden wieder vom Tisch geblasen. Und die Axt bleibt schön unter der Bank liegen.
Sätze fetzen durch die Gegend, Drums holzen stoisch alles um, was sich in den Weg stellt, während sich Satomi Matsuzakis Stimme sich inmitten des Geklimpers von "Must fight current" räkelt. So richtig aus der Reserve lassen sich Deerhoof aber nicht locken - soll doch der Gegner erst einmal kommen. Tut er aber nicht. Denn an keiner Stelle von "Deerhoof vs. evil" brennt so richtig der Busch. Synthies dürfen vor sich hinjuckeln, die Gitarren halten sich vornehm zurück. Selbst der Krach in "Secret mobilization" nimmt sich eher lahm und drucklos aus. Die Waffe ist hier die Niedlichkeit, die sich zwischen den Disharmonien verbirgt, und ein Track wie "C'moon" ist auch einfach zu putzig, um ihn einfach wegzupusten. Wackelig summt die Gitarre, und das Schlagzeug streichelt ein wenig seine Felle. Ecken und Kanten gibt es nur noch, wenn es wirklich sein muss. Im entscheidenden Moment gewinnt hier immer wieder die Harmonie. Auf wessen Seite die allerdings steht, ist bis dato nicht ganz ausgelotet.
Selbst die quietschigen Anwandlungen von "The merry barracks" werden irgendwie noch aufgefangen und ordnen sich den Takten unter. Dabei enttäuscht der gesamte Rhythmus hinter "Deerhoof vs. evil", denn niemals drückt der Bass mal das Knie in den Rücken eines Tracks. Dabei pumpt "Qui dorm, només somia" als Erstschlag eigentlich ganz gut. Trotzdem geben die Melodien diesmal weit weniger her als noch auf "Offend Maggie". Erst "I did crimes for you" verbindet dann alles, ohne sich dabei zu sehr darum zu bemühen. Zu wenig für das letzte Gefecht, aber für ein bisschen Frieden und Hoffnung gerade gut genug. Zum Finale will es dann "Almost everyone, almost always" noch einmal wissen und bläst seine Synthie-Sphären wie Seifenblasen und Ballons in den Himmel. Den Gegner wird es freuen - denn der hat die Nadel bereits gezückt. Der Kampf ist aber schon in den knapp dreißig Minuten davor entschieden gewesen. Never fuck with evil. Deerhoof sollten schnell die Seite wechseln.
Highlights & Tracklist
Highlights
- I did crimes for you
Tracklist
- Qui dorm, només somia
- Behold a marvel in the darkness
- The merry barracks
- No one asked to dance
- Let's dance the jet
- Super duper rescue heads!
- Must fight current
- Secret mobilization
- Hey I can
- C'moon
- I did crimes for you
- Almost everyone, almost always
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Deerhoof - Miracle-level (2 Beiträge / Letzter am 19.04.2023 - 21:17 Uhr)
- Deerhoof - Actually, you Can (1 Beiträge / Letzter am 22.07.2021 - 19:44 Uhr)
- Deerhoof - The magic (2 Beiträge / Letzter am 04.05.2016 - 20:46 Uhr)
- Deerhoof - La Isla Bonita (2 Beiträge / Letzter am 31.01.2015 - 08:58 Uhr)
- Deerhoof (12 Beiträge / Letzter am 22.11.2014 - 13:25 Uhr)
- Deerhoof - Offend Maggie (6 Beiträge / Letzter am 20.12.2008 - 23:02 Uhr)
- Deerhoof - Friend opportunity (13 Beiträge / Letzter am 09.08.2007 - 02:57 Uhr)
- Deerhoof - The runners four (18 Beiträge / Letzter am 18.04.2006 - 21:53 Uhr)