
Playfellow - Carnival off
Sweet Home / Broken SilenceVÖ: 26.11.2010
Keine Ente
Wenn etwas aussieht wie eine Ente, klingt wie eine Ente und sich bewegt wie eine Ente, ist es im seltensten Fall ein Pferd in einem Entenkostüm. Mal als grobes Beispiel dahingestellt. Manchmal täuscht sich aber auch der professionellste Entenkenner. So muss man dann doch gestehen, dass es etwas verblüffend ist, Playfellow zu hören und anschließend zu lesen, woher die vier Herren mit der jungen Frau in der Mitte stammen. Ohne anmaßend klingen zu wollen, ist es eine echte Überraschung, dass diese glasklare Rockmusik mit, ja, Post-Rock-Anleihen und mit den lupenreinen englischen Texten nicht etwa aus Chicago oder Montreal, sondern aus Chemnitz kommt. Doch es sei den Sachsen gegönnt. Denn Playfellow verstehen sich nicht nur aufs Täuschen. Auch diese ganze Sache mit dem Musizieren gelingt ihnen erstaunlich gut.
Denn mal ehrlich: Wenn sich eine deutsche Band mit englischen Texten ankündigt, hält sich die Freude oft eher in Grenzen. Das liegt gar nicht mal daran, dass man Angst vor gar schauerlichen Englischkenntnissen wie etwa bei MC Westerwave oder Länkwitsch-Loddar hat - sondern daran, dass das oft einfach sehr gewollt, dummerweise aber schlecht gekonnt klingt. Auf "Carnival off" kommt dieses Gefühl jedoch nie auf. Bereits das psychedelisch angehauchte "Echoes" schlägt dem Skeptiker ein Schnippchen, das sich gewaschen hat: Nicht nur, dass der Schlagzeuger hier sein Drumkit bearbeitet, dass einem schon beim Hören die Puste ausgeht. Vor allem das Zusammenspiel zwischen Leadsänger Toni Niemeier und der einzigen Frau im Team, Katharina Mey, beeindruckt hier durch die sowohl tiefe als auch glockenhelle Komponente, die beide erfolgreich einbringen.
Das schnodderige, an Radiohead erinnernde "All's asleep" setzt zu Beginn der zweiten Hälfte seine Akzente ganz woanders: Niemeier gröhlt sich die volle Gefühlsbreite von der Seele, während schrammelige Gitarren vollkommen in der Musik aufgehen. Genau das klappt auf "Carnival off" am besten bei "Another weird place", dem in puncto Instrumentierung her sicher ausgereiftesten Stück. Nicht genug damit, dass hier zur Mitte hin eine unheilschwangere Pause entsteht, in der das volle Repertoire an Streichern aufgebraucht wird, nur um schließlich vom bedrohlich klingenden Schlagzeug weiter angeheizt zu werden. Nein, zum Schluss gibt es hier auch diesen einen Ausbruch, der aus einem Stück ein Highlight machen kann. Doch das ist immer noch nicht genug, und so veranstalten Playfellow zu guter Letzt mit "Carnival" noch eine wahre Songorgie von zehneinhalb Minuten - also in ungefährer Länge eines anständigen Post-Rock-Klassikers. Und auch damit hat kein Schwein gerechnet. Zum Schluss reibt man sich noch einmal erstaunt die Ohren: Aus Chemnitz? Unglaublich, aber wahr.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Echoes
- Another weird place
- Voices from downstairs
Tracklist
- Your ghost
- Echoes
- No melodies
- Another weird place
- All's asleep
- Where April woods are red
- Voices from downstairs
- Sad families
- Carnival
Im Forum kommentieren
The National Codex
2011-02-25 18:20:06
Eventuell auch mal in das Erstlingswerk hören:
http://www.plattentests.de/forum.php?topic=29380&seite=1
2 Rights Make 1 Wrong
2011-02-25 18:18:53
Wer vom neuen Radiohead-Album enttäuscht ist, sollte hier unbedingt mal reinhören. Auch geeignet für Kashmir-Fans. Unbegreiflich wie so ein tolles Album hier so untergehen kann.
Paul
2011-01-19 14:20:27
Aauf jeden Fall eine sehr interessant Mischung - ich mag vor allem die seichten Popnummern.
9/10
http://www.youtube.com/watch?v=qVNIwrLcxM
http://www.youtube.com/watch?v=RjUc8UM8mA4
Tim
2011-01-11 14:47:17
Indie/Alternative-Rock mit leichten Einflüssen von Post-Rock und Radiohead.
buzzcock
2011-01-11 14:14:44
Richtung?
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