Plain White T's - The wonders of the younger

Hollywood / Universal
VÖ: 07.12.2010
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Das Ende vom Lied

Wie oft hatten sie es versucht! Seit Jahrzehnten suchten Labelmacher, Liederschreiber und Manager-Gestalten nach der Formel für den perfekten Popsong. Er musste eine Querschnittsmenge aus "Yesterday", "Like a rolling stone" und "Barbara Ann" sein, vermuteten sie. Er durfte auch in Skihütten keinen Auffahrunfall verursachen, er musste so bügelfest wie all diese Evergreens zusammen sein und zudem so viel Asche einbringen, dass noch die Erben der Urheber von den Tantiemen den Luxus-Blingbling ihrer vierten Ehefrauen aufwärts finanzieren können. Folglich machten aus dem perfekten Popsong vor allem Geschäftsleute so etwas wie eine höhere Mathematik, schlüsselten auf, was nicht aufzuschlüsseln war, verwechselten dabei Ursache mit Wirkung. Doch das meiste davon ist nach "The wonders of the younger" von Plain White T's vorbei. Das heißt: hoffentlich vorbei. Wer wissen will, warum das so ist, kann jetzt gleich 17 Euro seines Weihnachtsgelds für diese Platte verprassen. Oder einfach eine Minute hier bei uns bleiben.

Plain White T's waren mal so etwas wie eine Pop-Punk-Band, Mitglieder mit Ausweiskarte eines Minimalisten-Zirkels, der aus durchschnittlich drei Powerchords pro Platte 15 fiese Ohrwürmer quetschte. Zum Vergleich: Das ist so, als wolle man einen einzigen Furzwitz auf Kinofilm-Länge blähen. AC/DC-Songs sind im Ansatz Progressive Rock dagegen. Dass Plain White T's mal auf Fearless Records waren, dem gleichen Label, das schon Platten von Sugarcult und Dynamite Boy in den Vertriebsweg einschleuste, ist jedenfalls kein Zufall. Man muss verstehen, woher diese Band kommt, um begreifen zu können, wo sie heute mit "The wonders of the younger" ist. Im Ansatz trotz Klimperklimper, Privatradio-Stammplatz und Büchsen-Streichern nämlich noch genau da, wo sie mal war: immer auf der Hatz nach diesem einen Ohrwurm, dem einen Popsong, der sie reich und schön macht. Oder der zumindest eine Skihütte voller Glühwein-Nasen und Schneehasen zum Dampfen bringt.

Alles auf diesem Album wirkt, als hätten kühle Rechner in Anzügen Beatles-Platten, Beach-Boys-Songs und Ramones-Bootlegs auseinandergeschraubt, unter ein Mikroskop gelegt und versucht, diesen Herzensangelegenheiten unter Androhung von Tantiemen-Entzug eine herzlose Formel zu entlocken. Für sich genommen ist "Irrational anthem" ja ein fast grandioser Powerpop-Song – für alle, die vorm Bettchengehen noch immer am Cuomo naschen. Für sich genommen mag "Welcome to the mystery" ja besser sein als fast alles, was auf der letzten Platte der All-American Rejects drauf war. Und wenn man ehrlich ist: Die erste Hälfte dieses Albums ist sogar entschieden zu gut, um ausgerechnet an ihm dieses Exempel zu statuieren.

Aber, Herrschaftszeiten, es ist mal Zeit. Plain White T's reimen auch in der zweiten Hälfte pausenlos "love" auf "above", "ear" auf "here", "strum" auf "drum". Sie dröseln Akkordfolgen auf, als kämen die nicht von einer Songidee, sondern aus einer Computerdatenbank. Einer digitalen Griff-Tabelle, die mit den erfolgreichsten Hits der 80er, der 90er und von heute gemästet wurde. Vermutlich ist nicht mal der Bandname so gefühlsecht, wie die Werbesprache es gerne hätte: Gut möglich, dass Plain White T's und Black Eyed Peas aus demselben Marketing-Algorithmus stammen, der drei Zufallsbegriffe auf Bestellung zu griffigen Produktnamen verknotet. Und jetzt Schluss!

(Sven Cadario)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Irrational anthem
  • Wonders of the younger

Tracklist

  1. Irrational anthem
  2. Boomerang
  3. Welcome to the mystery
  4. Rhythm of love
  5. Map of the world
  6. Killer
  7. Last breath
  8. Broken record
  9. Our song
  10. Airplane
  11. Cirque dans la rue
  12. Body parts
  13. Make it up as you go
  14. Wonders of the younger
Gesamtspielzeit: 49:46 min

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