Morning Boy - We won't crush
Waggle-Daggle / Broken SilenceVÖ: 26.11.2010
Kein Scherbenhaufen
Zuversicht ist eine wunderbare Tugend in Zeiten, in denen alles in sich zusammenbricht, dem man eigentlich Vertrauen schenken sollte. Die Jungs von Morning Boy aus Frankfurt am Main setzen dem Verfall ein lautes "We won't crush" entgegen. Egal, ob das nun gesamtgesellschaftlich oder rein persönlich gemeint ist. Denn es ändert rein gar nichts daran, dass ihr Debütalbum wirklich schön geschmiedeten Indie-Pop bereit hält, der zuweilen tief in der Achtziger-Kiste gräbt. Gleich der Midtempo-Opener "Pilot" zitiert zunächst "She drives me crazy" von den Fine Young Cannibals, fällt dann aber über weiche Gitarrenmelodien, die das komplette Album auszeichnen, in den Wave-Rock neuzeitlicher Prägung. Den Achtziger-Anstrich werden sie allerdings in der Folge nicht mehr los.
Mit viel tanzbarer Melancholie schaffen es Morning Boy, die anfängliche Behäbigkeit von "We won't crush" abzuschütteln. "Just 19" ist der erste Song, der mit seinen prägnanten Synthesizer-Einschüben und dem mechanischen Drumming nirgendwo anders hin will als in die Indie-Disco, ohne dabei jedoch zu plump zu agieren. Nicht nur hier schaffen es Morning Boy, die Simplizität und Geradlinigkeit in atmosphärisch flächige Sounds umzuwandeln, die den Stücken Tiefe verleihen. Gerade das leicht psychedelische "Tripping children" sticht heraus ob seiner Stimmeffekte über einem weiten Synthie-Teppich und den unvermittelt explodierenden Gitarren, die den Song noch einmal in andere Sphären schießen. Das folgende "Automatic" lehnt sich etwas an Placebo an, ist dabei aber viel verspielter und poppiger als die manchmal arg eingeschränkten Mannen um Brian Molko. Und einen schönen Refrain hat dieser zum Indie-Hit taugende Song auch noch. Was will man mehr?
Einen wirklichen Vorwurf kann man Morning Boy dann auch nicht machen. Einzig die Tatsache, dass im Grunde alles, was die Frankfurter auf ihrem Debüt auffahren, schon irgendwo anders zu finden ist. "We won't crush" hat wunderbare Melodien, geht in die Beine und legt trotzdem eine mitfühlende Trübsal an den Tag. Und ist damit eine gelungene Symbiose aus ursprünglichen Achtziger-Sounds und der musikalischen Neuauflauge der letzten zehn Jahre. Den aktuellen Scherbenhaufen, der sich Gesellschaft nennt, vermag dieses Album zwar nicht zu kitten. Den eigenen Absturz meiden Morning Boy mitunter allerdings bravourös. Zuversicht ist angebracht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Tripping children
- Automatic
Tracklist
- Pilot
- Every whisper
- Just 19
- Hey hey hey (I found you)
- -
- Tripping children
- Automatic
- Teenage millionaires
- Now it's up to you, Mr. Braddock
- Tired like you
- I won't crush
- Standby me
Referenzen
Threads im Forum
- Morning Boy - For us, the drifters. For them, the bench (12 Beiträge / Letzter am 31.07.2008 - 23:52 Uhr)