Samba - Komando
Blickpunkt Pop / EFAVÖ: 03.12.2001
Himmelfahrtskommando
Nachdem die auf dem letzten Samba-Album beschworenen Millionen sowohl in persona als auch in bar doch nicht mit der Band mitgezogen sind, schickt das Münsteraner Trio nun ihr \"Komando\" los. Das Ziel der Mission ist klar: Eroberung des Pop-Himmels. Bewaffnet mit eingängigen Gitarrensongs und verqueren Texten setzt die Spezialeinheit um Frontmann Knut Stenert diesmal allerdings verstärkt auf die Schleichtaktik. Von den punkigen Zweiminütern, die auf den bisherigen Samba-Werken stets gutlaunig ins Ohr hüpften, ist bei diesem Einsatz kaum noch was zu hören. Stattdessen schrammeln sich die drei Jungs bedächtig und verschroben wie nie durch die schwermütigen Songs - ganz so, als ob sie um Jahrzehnte gealtert wären und einen Ausweg aus der Midlife-Crisis suchen.
Schon der Opener \"Schein\" deutet die neue Taktik des Trios an: Samba versuchen die Zeit anzuhalten und schwingen sich über langgezogene Gesänge und folkige Arrangements zu neuer Langsamkeit empor. Melancholie gehörte bei Samba zwar schon immer zum guten Ton, so konsequent wie auf \"Komando\" arbeitete sich Stenert aber noch nie durch die zwischenmenschlichen Beziehungswüsten. \"Dabei, dabei, wir sind nicht dabei\" singt er im zweiten Album-Track und erinnert damit ungewollt an die eigene - nicht immer glücklich verlaufene - Bandhistorie. Denn eigentlich müßten Samba mittlerweile in der gleichen Liga wie Tocotronic, die Sterne oder die Sportfreunde Stiller spielen. Nach dem frühem Signing bei Industriegigant Sony schienen die Weichen für eine erfolgreiche Karriere als deutsche Popretter gestellt. Trotz zwei von den Kritikern gelobten Alben blieb der große Erfolg aber aus, und Samba saßen plötzlich ohne Plattenvertrag auf der Straße. Unterschlupf fanden die drei Jungs schließlich beim Indie-Label Blickpunkt Pop, das auch schon den Sportfreunden auf die Sprünge geholfen hat.
Anders als den ehemaligen Labelkollegen fehlt den neuen Samba-Songs aber das gewisse Quentchen Originalität und Spritzigkeit. Nummern wie \"Die Einzigen\" oder \"Neues Herz\" fließen zäh wie Brei an den Ohren vorbei. Auch die mitunter filigranen Arrangements können kaum über fehlende songschreiberische Tiefe und die schnell einkehrende Monotonie hinwegtrösten. Ab und zu blitzen dann aber doch einige Sterne am trüben Samba-Himmel auf. Die Jungs haben ihr Gespür für luftige Melodien und ins Herz treffende Lyrics schon oft genug bewiesen, und so wartet auch \"Komando\" wieder mit einigen wunderschönen Songperlen auf. Das sehnsüchtige \"Wie Rauschen\" oder die Hymne auf das abendliche Ausgehen \"Sie brauchen uns\" gehen unter die Haut und lassen sich zudem nicht mehr so leicht aus den Ohren scheuchen. Leider sind derartige Songs aber viel zu selten gesät, um den vierten Longplayer der Band über den Durchschnitt zu heben. So bleibt die traurige, aber leider wahre Erkenntnis: Trotz einiger Gebietseroberungen sind Samba am Ziel ihrer Mission vorbeigeschramm(el)t. Die gutgemeinte Order lautet deshalb: Rückzug und neu formieren.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Wie Rauschen
- Sie brauchen uns
Tracklist
- Schein
- Nicht dabei
- Die Einzigen
- Dunkelheit geht, wenn du kommst
- Wie Rauschen
- Öffentlich
- Ich möchte dich so
- Neues Herz
- Common Pullover!
- Fing Feuer
- Sie brauchen uns
- Im See
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