Twin Shadow - Forget

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 12.11.2010
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Hokuspokus

Immer wieder Brooklyn: In Sachen koketter Pop- und großzügig sprudelnder Rockmusik ist der New Yorker Bezirk ein gottverdammtes Nest famoser Künstler. Neu im erlesenen Zirkel sind Twin Shadow, die mit ihrem 80s-infizierten Besserwisser-Electro sogar schon Produzenten-Grizzly Chris Taylor mit ins Boot holen konnten. Das Debüt-Album "Forget" bietet zeit- und zügellosen Synthie-Pop, der weitsichtiger und raffinierter kaum sein könnte. Eine Tatsache, die zweifelsfrei die Vermutung stützt, dass irgendwo in Brooklyn ein obdachloser Hobby-Miraculix für ein paar Zigaretten und eine Handvoll Cents Nachwuchskünstler in einen Kessel mit Zaubertrank hüpfen lässt. Newcomer mit Hang zum Hokuspokus, völlig kitschfrei, aber mit einer schönen Retro-Patina.

Wie ein langsam wachsender Kaventsmann entwickelt sich "Forget" - zunächst ein unscheinbarer Versuchsaufbau zwischen Pop, Rock und elektronischen Spielereien - hin zu einem monströsen Sog, der einlullt und zutiefst begeistert. Das Zusammenspiel aus pluckernden Beats, morbiden Synthieflächen und zarter Stimme im kristallinen Opener "Tyrant destroyed" ist unfassbar intensiv, ein apodiktischer Fiebertraum bar jedweder Rationalität. In den vier Wänden von "Forget" muss nicht immer alles auf das Kleinste geplant und ausgelotet sein. Die Form folgt eben nicht der Funktion, vielmehr wird dieser Tatbestand negiert: Die honigzähe Schiefheit, mit der "When we're dancing" über grüne Felder schwoft - stets darauf bedacht, keine Käfer zu zerquetschen -, ist ein faszinierendes Statement wider die Kalkuliertheit in Pop und Rock: Das Ausbrechen aus dem wohligen Kokon der Berechnung wird zur Maxime des individuellen Strebens nach Glück. "Forget" ist hierfür der Soundtrack - und ja: Es könnte kaum einen passenderen geben.

"Slow" liegt fies wartend auf der Lauer, trifft den Hörer rücklings ins Mark und bohrt sich schließlich mit seiner "Widerstand ist zwecklos"-Melodie durch das zentrale Nervensystem. "Shooting holes" dürfte Erlend Øye mehr Blässe ins Gesicht treiben, als es sich selbst für einen hippen Norweger gehört. Wer hier noch zweifelt, sollte spätestens mit "Castles in the snow" die Klasse dieser Band erkennen oder für ewig schweigen: "You're my favourite daydream / I'm your famous nightmare / Everything I see looks like gold / Everything I touch goes cold / Castles in the snow." Eine arktische Version der Geschichte um König Midas, mit güldenem Blick und killendem Beat vorgetragen. Hier wird alles zur Tanzfläche, was nur einen Quadratzentimeter Raum bietet.

Dieses Debütalbum ist mehr als nur die nächste schillernde Seifenblase, die einem als "Big thing" angepriesen wird: Hier regieren Abstraktionswut, Tapferkeit, bewusst inszenierte und unbewusst zur Schau gestellte Coolness. Die große Qualität der Platte ist gerade ihre wehmütige Unentschlossenheit, das wilde Oszillieren zwischen Kopf-, Bauch- und Beinmusik. Oder - um es anders auszudrücken: Wem die kontroversen Hurts zu affektiert und aufgedunsen sind, der könnte hier seinen wohlverdienten 80er-Segen finden. It's such a wonderful life.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Tyrant destroyed
  • Slow
  • Shooting holes
  • Castles in the snow

Tracklist

  1. Tyrant destroyed
  2. When we're dancing
  3. Slow
  4. Shooting holes
  5. At my heels
  6. Yellow balloon
  7. Tether beat
  8. Castles in the snow
  9. For now
  10. I can't wait
  11. Forget
Gesamtspielzeit: 41:48 min

Im Forum kommentieren

geht viel besser:

2012-08-09 21:24:18

"There is no key to my gate
But you can still come around
Lean your ladder against my window
And i'll come down"

2012-08-09 19:18:42

There's no key to my heart
But you can still come around

everything i touch turns cold

2012-08-09 17:56:29

this was love and i was such a tyrant destroyer as your sat sinking in my hands

Castorp

2012-08-09 14:58:03

Does your heart still beat?

Ganz ehrlich?

2012-06-21 14:46:22

Immer noch geiles Teil!

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