Night Horse - Perdition hymns
Tee Pee / CargoVÖ: 01.10.2010
Gesattelt und betankt
Als ein paar Typen aus den Sümpfen im nördlichen Florida zu Beginn der Siebziger mit "Tuesday's gone", "Simple man" und "Free bird" ihre ersten Schritte auf dem Weg zum Rock'n'Roll-Olymp machten, konnten sie nicht ahnen, dass das alles nur vier Jahre später in einem anderen Sumpf nördlich von Baton Rouge, Louisiana enden würde. Lynyrd Skynyrd sind seit 1977 Geschichte, nachdem tragischerweise ihr Privatflugzeug ebendort abstürzte. Die Band, mit der Ronny van Zandts Bruder Johnny in wechselnder Besetzung seit 1987 wieder durch die Gegend tourt und Alben aufnimmt, ist kaum mehr als ein in patriotischem Rot-Weiß-Blau gefärbter Schatten der Southern-Rock-Legende. "Vicious cycle" und "God & guns" sind eben kein Ersatz für "Second helping" oder "Street survivors". Da müssen schon andere ran. Night Horse zum Beispiel.
Beim ersten, flüchtigen Durchgang überhört man leicht, wie viel Soul, Blues und herzzerreißende Melodien in "Perdition hymns" stecken. Night Horse fallen nämlich direkt mit dem Haus in die Tür und bolzen mit dem Trio "Confess to me", "Angel eyes" und "Rollin' on" auf zwölfeinhalb Minuten die komplette Geschichte des Gitarrenriffs zu Kleinholz. Mächtig wie Wolfmother, aber wesentlich straffer und von jeglicher unnötigen Pose befreit spielt die Band idealtypischen Rock, der ohne Präfix oder Schrägstrich auskommt und in seiner Monumentalität alles andere erst einmal in den Hintergrund drängt.
Und dann kommt "Black cloud", der Song, der alles das macht, was man einer solchen Durch-die-Wand-Platte an Schlimmem antun kann: Tempo raus, Verzerrer runterdrehen, zurücklehnen und die Ballade einfach mal Ballade sein lassen. Und doch klingt das Ganze so wunderbar authentisch nach Lynyrd Skynyrd, als hätte es nie einen Flugzeugabsturz gegeben, als hätte die Convair 240 genug Kerosin getankt und wäre planmäßig gelandet. Der warme Sound, Sam James Veldes gefühlvoller Gesang und die Harmonie und Harmonik, die aus jeder Note zu hören ist, fügen sich zu einem echten Ohrenöffner-Moment zusammen. Plötzlich hört man all das auch unter der lauten Riffdecke der anderen zehn Songs auf "Perdition hymns".
Da ist die unendlich organische Tonfolge im Refrain von "Confess to me", das Flehende in der Stimme bei "Angel eyes" oder der mit mindestens 42 Riffs vollgepackte Wahnsinnsritt "Blizzard of oblivion": "Headed for disaster / One drink at a time". Jeder Song atmet frische Prärieluft, schafft sich Raum für Soli, Bridges und andere Blues-Verschnaufpausen und kehrt doch immer wieder zu den absolut zwingenden Momenten zurück, die Night Horse gleich reihenweise abliefern. Eben so, wie "Tuesday's gone", "Simple man" oder "Free bird" es tun. Lynyrd Skynyrd und die Siebziger mögen Geschichte sein, aber Night Horse sind das Beste, was Ronnie van Zandt im Jahr 2010 passieren konnte.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Rollin' on
- Black cloud
- Blizzard of oblivion
Tracklist
- Confess to me
- Angel eyes
- Rollin' on
- Goodbye gone
- Black cloud
- Come down halo
- Blizzard of oblivion
- Hard to bear
- Shake your blues
- Choose your side
- Same old blues
Referenzen