Black Milk - Album of the year

Fat Beats / Groove Attack
VÖ: 17.09.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Freshluftfanatiker

Um einen neuen Blick auf die Dinge zu bekommen, hilft es die Fenster aufzureißen. Tief durchatmen. Dass Black Milk, seines Zeichens Produzent und MC, gerne mal durchlüftet, ließ sich auf seinen bisherigen Alben immer vernehmen. Der Herr polierte permanent seinen Sound, ohne jedoch alles auf links zu ziehen, sondern immer mit dem nötigen Händchen, um dem gesamten Game ein kleines Stück voraus zu sein. Und nun folgt der nächste Streich, für den ein paar Beatfussel weggeblasen und ein Schlagzeug in die Bude getragen wurde. So rumpelt, poltert, scheppert und klopft es an allen Ecken und Enden von "Album of the year". Dies dann mal mit starker Basslinie im Rücken, mal im freien Fall oder unauffällig passend. Doch dabei verkommt diese Nummer nicht zum bloßen Spielplatz, auf dem Black Milk sich austobt. Dafür hätte er auch kaum Zeit, da er sowohl das Mic, als auch die Regler bedient. Jeder Takt sitzt straff, jeder Rhythmus läuft über mehrere Ebenen ab, nichts verkümmert zur reinen Pose. Kein Wunder, dass der Mann damals schon den Legenden von Slum Village einen Beat unterschieben durfte.

Und so zieht sich dann ein ziemlich gepflegter Bass durch "Round of applause" und lässt sich die Plautze von den Drums kraulen. Das geht da wie selbstverständlich mit Black Milks Flow zusammen. So sehr, dass es dann fast schon verwirrt, wenn "Warning (Keep bouncing)" die Beat-Tüte rausholt. Dabei ist von Beginn an klar, wohin die Reise geht. "365" lässt sich von seinem dicken viersaitigen Tieftöner nicht zerstreuen und gängelt sich selbst mit seinem verpeilten Beat-Überbleibsel, während die Drums taktvoll den Kopf zum Nicken bringen. "Deadly medley" packt dann das olle Nebelhorn kurz aus, ohne das überhaupt nötig zu haben. Black Milk gibt dem Trommelfell eher die Kante und spuckt seine Zeilen mit seinen Gästen über die eiskalte Melodie. "My shit is Martin Luther, your shit is Martin Lawrence." Besser bringt es keiner auf den Punkt. Es ist das Wechselspiel zwischen Rhythmus und Harmonie, das die Hooks ein wenig in den Hintergrund rücken lässt, dafür aber ordentlich den Groove bis in die letzte Faser drückt. "Distortion" räkelt sich da vor seiner kalten Trommelei, steckt sich dann mit Hilfe von Sängerin Melanie Rutherford ein wenig Soul in die Jackentasche und geht deep runter.

Es ist erstaunlich, wie rund das zusammen geht, wie genau die einzelnen Akzente sitzen, wie unaufdringlich sie sich anbieten. Black Milk schert sich wenig drum, was gerade Konventionen sind. Er legt sie einfach selber fest. "Closed chapter" schlägt dann das Fenster zu, bevor die Bude auskühlt. Irgendwo jault noch eine Gitarre, doch das Gerüst ist wieder das Schlagzeug, das den gesamten Rhythmusladen am Pumpen hält. Fast schon in Trance zieht sich der Track dann selbst über die sieben Minuten. Da, wo andere Rapper sich schnell in die Beliebigkeit verrennen, wird hier unter der Schicht gearbeitet. Fein geschliffen ist "Album of the year" eine Platte, bei der vieles im Detail steckt. Dabei ist sie rund und in sich geschlossen, sucht nicht das Aufdringliche, sondern rotiert in ihrem eigenen Glauben an das Konzept, das ihr zugrunde liegt. Dass dies funktionieren würde, war eigentlich klar. Milk macht müde Melodien munter.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Deadly medley (feat. Royce Da 5'9" & Elzhi)
  • Round of applause
  • Closed chapter (feat. Mr. Porter)

Tracklist

  1. 365
  2. Welcome (Gotta go)
  3. Keep going
  4. Oh girl (feat. AB)
  5. Deadly medley (feat. Royce Da 5'9" & Elzhi)
  6. Distortion (feat. Melanie Rutherford)
  7. Over again (feat. Monica Blaire)
  8. Round of applause
  9. Black and brown (feat. Danny Brown)
  10. Warning (Keep bouncing)
  11. Gospel psychedelic rock
  12. Closed chapter (feat. Mr. Porter)
Gesamtspielzeit: 54:26 min

Im Forum kommentieren

avail

2010-10-20 21:35:35

@björn: ja! werde da sein. und mit black milk hat der gute mf doom einen tollen support bekommen. :)

Björn

2010-10-20 21:15:51

@avail

Bist Du auch bei Doom in Münster am Start?

Oliver Ding

2010-10-20 20:50:04

Plan B war übrigens auch eine deutsche Indierock-Band, bevor der R'n'B-Brite mit dem Namen ankam. Deren Sänger macht heute ein Blog.

Berni

2010-10-20 20:47:41

Es gibt mehrere Bands mit diesem Namen. Mir ist "Black Milk" auch ein Begriff aus Anfang der 00er - eine deutsche britpoplastige Indieband.

avail

2010-10-20 20:32:27

gutes album! die 7 punkte sind gerechtfertigt.

"tronic" (der vorgänger) gefällt mir aber besser. freitag dann live in münster. ich freue mich drauf :)

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