Menfolk - Beast one / Man nil

PlayRec / Labelkollektiv / Cargo
VÖ: 27.08.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Völker, hört das Brutale

Die Geschichte des Mathrock in der Musikjournaille besteht ja aus lauter Missverständnissen. Ist man in anderen Genres heilfroh, wenn auf die Urväter eines Sounds zig qualitativ hochwertige Brüderhorden folgen, so regiert hier naserümpfender Minimalapplaus. Und es braucht schon Alleinstellungsmerkmale en masse, um überhaupt noch einmal wahrgenommen zu werden. Was letztlich nur heißt, dass die Kritikergilde zwar um die Exklusivität und Spannung dieser Musik weiß, aber heilfroh darüber ist, dass man ihr ca. im Fünfjahresrhythmus zujubeln darf, um sie daraufhin wieder pronto mit Missachtung zu strafen. Sprich: So wirklich gewollt ist das alles nicht. Zumal nicht für die Bands der zweiten, dritten oder gar vierten Generation. Menfolk antworten dieser Verachtung auf "Beast one / Man nil", indem sie ihre Musik derart krampfen lassen, dass man in der Tat beinahe meinen könnte, die vier Kopenhagener hätten auf ihrem Zweitwerk so ziemlich alles falsch gemacht.

Die Gitarrenverzerrungen? Klingen eher wie extrem bissige Kurzschlüsse. Ein Takt, der auch mal straight minutenlang nach vorne geht? Findet nicht statt. Lieber reihen Menfolk zwei Vierviertel an einen Fünfviertel und einen Dreiviertel. Und behaupten dann noch, das sei jetzt halt ihr Riff. Ein Bassspiel, das die Harmonien mit dezenten Rundungen und die Songs mit schwebendem Groove versieht? Keineswegs. Jedes Instrument macht hier mit beim tobenden Hierarchien-Bashing. Drängelt sich an allen anderen vorbei, will Ellbogenfreiheit, hat eine Menge Senf in der Tube. Was auch auf Sänger - jetzt Achtung - Lars Thor zutrifft. Der klingt in der Tat, als würde er seine auffällig schlechte Laune mit Donars Hammer durch die Lungenflügel prügeln - wird dabei aber auch ein ums andere mal von einem Malstrom aus rostig-knirschenden Kriegsmaschinen in Grund und Boden gestampft.

Was bei all dem, was hier nicht passiert, ja geradezu kompromisslos weggeprügelt wird, noch übrigbleibt? Wut. Echte, magensaure, unerbittliche Wut. Kein Chaos-Core, kein Death-Metal, kein Japan-Noise. Erst recht kein irgendwie melancholisch gebrochenes Wundengestocher aus purer Verzweiflung. Dafür eine unbändige, vollkommen ausflippende und um sich schlagende Mathrock-Apparatur. Doch sogar in diesem Genre ist die Halsstarrigkeit und Strenge von "Beast one / Man nil" eine echte Seltenheit.

Selbst die noch am ehesten als Bezugspunkt geltenden Shellac (der unvermeidliche Bob Weston besorgte das Mastering) werden Songs wie "Hell ahoy" und "The bird" konsequent ausgetrieben, indem sie nicht den Hauch an Humor zulassen. Zwar unterfüttern sich die Satzgesänge hier mit langgezogenen "Aaaaaaaahs", und schnappatmet Thor beim abschließenden, mit einem zackigen Funkrhythmus beinahe Stimmung machenden "Rubato (Con song)" auch mal so etwas wie "Dingdingding" zwischen all die gesellschaftskritischen Stinkefinger. Dennoch klingt auch das, als würde einem gerade ein David-Lynch-Maniac mit dem Revolver unter der Nase herumfuchteln. Was heißt: In all ihrem Zorn haben sich Menfolk ihr Alleinstellungsmerkmal mit jedem Schweißtropfen redlich verdient. Was weiterhin heißt: Band one / Kritiker nil.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hell ahoy
  • Leather pants and ponytail
  • Skeletons
  • Rubato (Con song)

Tracklist

  1. Hell ahoy
  2. Matador
  3. Heart & sling
  4. The bird
  5. Leather pants and ponytail
  6. From the horse's mouth
  7. Column 79
  8. Skeletons
  9. N.H.
  10. Rubato (Con song)
Gesamtspielzeit: 36:47 min

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