Die Antwoord - $O$

Interscope / Universal
VÖ: 08.10.2010
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Kunst und Krempel

Südafrika stand diesen Sommer ganz besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Der Hauptgrund dafür war freilich die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf dem Afrikanischen Kontinent sowie die Zweifel und Ängste, die damit einhergingen. Im Rückblick war die WM 2010 ein rauschendes, ohrenbetäubendes Vuvuzela-Fest, wenig torreich, dafür aber auch sonst ohne größere Turbulenzen. Einmal abgesehen vom obligatorischen Auftritt Jimmy Jumps. Grund Nummer zwei für die Popularität Südafrikas in den letzen Monaten: Die "fokken" Antwoord, eine satirische HipHop-Freakshow, die mit ihrem substanziellen Übersong "Enter the ninja" für Aufsehen im World Wide Web sorgte. Verwundert rieb man sich die Augen, spitzte die Ohren und konnte ebenjenen kaum glauben: breitbeiniger HipHop mit prolliger Electro-Schlagseite, Lyrics in einer obskuren Englisch-Afrikaans-Mixtur, sozialkritische und humoristische Texte. Kann das reüssieren?

Die so naheliegende Befürchtung, das Album "$O$" lebe und zehre einzig vom Instant-Hit "Enter the ninja", bewahrheitet sich indes nicht. Natürlich, alles an dieser Platte wirkt kalkuliert billig: Da lässt sich durchaus von einem High-End-Trash-Produkt sprechen. Kaviar aus dem Discount-Handel, sozusagen. Nichtsdestotrotz besteht das Album größtenteils aus klug komponiertem HipHop mit Rave-Elementen, dem man seinen Background deutlich anmerkt. Die Musiker hinter dem Projekt Die Antwoord sind in Südafrika bekannte Comedians und inszenieren mit zelebraler Geste den White Trash ihres Landes. "Ernst meinen können die das nicht!" - da war sich die Blogosphäre relativ rasch einig.

Das Album öffnet seine Tore sehr offensiv: "In your face" ist ein aggressiver Bastard aus HipHop, Electro und Punk. Yolandi Vi$$er, die alienhafte Gallionsfigur des Projekts, geifert darin eindrucksvoll Zeilen gegen Eifersucht und Neid. "Enter the ninja" bleibt der leutselige Gassenhauer, ständig zwischen Kunst und Krempel pendelnd. Augenzwinkernde Selbstironie ist stets der oberste Tagesordnungspunkt: "Yin to the Yang / Totally hi-tek / Ninja's motherfuckin' big in Japan / I've seen the future / But I never got nothing in my hand, except a microphone, big dreams and a plan." Und mit dem fies ansteckenden Beat von "Evil boy" stellen Die Antwoord direkt klar, dass das Etikett "One-Hit-Wonder" völlig fehl am Platz ist. Der rahmensprengende Siebeneinhalbminüter "She makes me a killer" warnt eindrücklich vor zu hübschen Mädchen, da diese meist eine düstere Seite haben. Vor zu viel Anmut muss der Hörer auf "$O$" selbstredend keine Angst haben: Die Antwoord schmeißen definitiv die beste Bad-Taste-Party des Jahres. Und das ganz ohne Vuvuzelas.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Enter the ninja
  • Evil boy
  • Fish paste

Tracklist

  1. In your face
  2. Enter the ninja
  3. Wat kyk jy?
  4. Evil boy
  5. Rich bitch
  6. Fish paste
  7. $copie
  8. Beat boy
  9. She makes me a killer
  10. Doos dronk
  11. $O$
Gesamtspielzeit: 58:47 min

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