The Pipettes - Earth vs. The Pipettes

Fortuna Pop! / Cargo
VÖ: 10.09.2010
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Künstliche Kunst

"Die Ladys selbst werden nicht mal bis zur zweiten Platte kommen, wenn alles glatt geht." Hier irrte Rezensent Gerhardt bei der Veröffentlichung von "We are The Pipettes", einem einzigen großen Bubblegum-Vergnügen von einem Debütalbum. Hätte er bloß Recht behalten. Denn Becki, Gwenno und Rose und ihr beschwingt arrangierter, direkt aus den Sechzigern herübergebeamter Shangri-La's-Gedächtnispop mit zuckersüßem, mehrstimmigem Gesang und bunt gepifftem Outfit waren zweifelsohne die zarteste Versuchung, seit es Retro gibt. Eine perfekt choreographierte Nostalgie-Veranstaltung, die nicht ohne weiteres zu toppen war. Dass aus dem Nachfolger nun eine Verunstaltung werden würde, konnte man da noch nicht ahnen.

Genau genommen ist es sogar falsch, von einem neuen Pipettes-Album zu sprechen. Die Gruppe, die einst listig "Your kisses are wasted on me" oder "Guess who ran off with the milkman?" sang und damit reihenweise die Herzen der stolzesten Boys brach, gibt es nicht mehr. The Pipettes sind jetzt zu sechst, Gwenno ist das einzige Überbleibsel der Originalbesetzung und Album Nummer zwei eine komplett andere Platte. Aus ist's mit niedlichen Klamotten, herzigen Kieks-Ohrwürmern, Pünktchen und Anton. Hier regieren Chromglanz und kühle Perfektion statt ausgelassenem Gehoppel und unschuldig blinzelndem Charme, bei dem auch einmal etwas auf die Jacke respektive aufs Kleidchen gehen durfte.

Wo nämlich einmal tolle Songideen und Urknall im Herzen Trumpf waren, setzt "Earth vs. The Pipettes" zum Kahlschlag aus dem Niveaubunker an. Der semi-legendäre Produzent Martin Rushent hat offensichtlich genau die käsigen Sounds mit ins Studio gebracht, die damals bei The Human Leagues "Dare" durchgefallen waren und die ein paar Jahre später vermutlich nicht einmal Stock Aitken Waterman hätten haben wollen. Die Single "Call me" besitzt in etwa die Ausstrahlung einer Milchflasche mit Strapsen, "I always planned to stay" ist ein unguter Schmalzbatzen mit fingerdick Zucker drauf. Beziehungsweise Süßstoff - schließlich haben wir es hier mit einem lupenreinen Kunstprodukt zu tun, das größtenteils gerade einmal als Auftragsarbeit für mehr oder minder begabte Popsternchen durchgehen würde denn als himmelsstürmender Gute-Laune-Garant.

Da kann auch der fidele Hi-NRG-Dance von "I need a little time" eine ziemlich ordentliche Figur abgeben und "From today" sich zum Schluss mit elektronischem Hallbombast und verführerischem Gesangsdoppel noch einmal alle Mühe geben, den vorangegangenen Sumpf der Plattheiten wenigstens ein bisschen vergessen zu machen. Mit dem, was man an den Pipettes früher einfach lieben musste, hat das Ganze trotzdem herzlich wenig zu tun. Es hilft alles nichts: Zumindest im direkten Vergleich ist "Earth vs. The Pipettes" eine mittlere Katastrophe. Und für sich genommen eine unterdurchschnittliche Portion Plastikpop, auf die allenfalls Kylie Minogue und Sophie Ellis Bextor stolz wären. Und jetzt bitte künstlich aufregen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I need a little time
  • From today

Tracklist

  1. Call me
  2. Ain't no talkin'
  3. Thank you
  4. I need a little time
  5. History
  6. I always planned to stay
  7. Stop the music
  8. I vibe U
  9. Our love was saved by spacemen
  10. Finding my way
  11. Captain rhythm
  12. From today
Gesamtspielzeit: 37:53 min

Im Forum kommentieren

Denniso

2010-09-20 09:32:25

Ich habe es mir noch ein paar Mal angehört... das ist ja grausamer als zuvor gedacht. Schöne Idee, den alten Namen hierfür zu verwenden, sonst häätte es wahrscheinlich niemand interessiert. 3/10 ist eine passende Bewertung aus meiner Sicht.

pfzt

2010-09-18 18:07:25

die eine (gwenno) sieht super aus!

2010-09-18 13:32:54

super Wertungen hier und bei pitchfork

Denniso

2010-09-16 11:19:17

Das Debüt war wunderschön.
Viel Füllmaterial?
So ein Quatsch, rund von vorne bis hinten!

Takenot.tk

2010-09-16 01:48:44

:-)
@Tom: Ich sehe wie man vielleicht den Eindruck gewinnen könnte...

@Marsellus: Gut, dank Wikipedia bin ich jetzt schlauer. Ich sollte sagen "eins aus der Besetzung vom ersten Album".

Bleibe trotzdem dabei das die neue Platte gut ist und Spaß macht - vielleicht muss man sie dafür ja live gesehen haben damit sie ihren Charme entfalten können. Ich denke ein Großteil der schlechten Bewertung kommt auch aus der Erwartungshaltung, da sie ja ihr vorheriges Konzept so ziemlich über den Haufen geschmissen haben.

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