OMD - History of modern
Blue Noise / Rough TradeVÖ: 17.09.2010
Neues von gestern
Die Achtziger kontinuierlich zu überleben, ist nicht immer ein Segen. Das Problem bei OMD war nicht, dass sie seit "Enola Gay" oder "Maid of Orleans" verschwunden gewesen wären - vielmehr, dass sie lange omnipräsent waren. Zunächst mit knuffigen Electro-Pop-Hymnen als Nachgeburt ihrer New-Romantic-Vergangenheit, dann aber als Mainstream-Dauergäste im Formatradio und ab 2006 gar auf nostalgischen Konzertabenden namens "Night Of The Proms", die meist den Tatbestand eines Festivals der Untoten erfüllen. Die schleichende, aber unaufhaltsame Banalisierung ging dabei allein auf die Kappe von Sänger Andy McCluskey, der zwischenzeitlich gar Songs für Atomic Kitten schrieb, denn Keyboarder Paul Humphreys hatte bereits 1988 das Weite gesucht.
Von einem neuen OMD-Album in Originalbesetzung kann man also nur eine Antwort auf das erwarten, was Hurts, La Roux oder Little Boots in letzter Zeit produzierten - mit den Liverpoolern als unbestreitbarem Vorbild. Zumal die Band in der Presse mit geistreichen Spitzen gegen die neue elektronische Generation zuletzt sowohl Humor als auch aktuelle Sachkenntnis unter Beweis stellte. Und "History of modern" ist dann tatsächlich ein recht launiges Pop-Ding geworden. Mit verspielten Melodien, putzigen Sounds, jubilierendem Gesang und Zug- und Schrittgeräuschen als gelegentliche Novelty-Gags, die heute natürlich keine mehr sind. Und kommt so genau richtig für alle, die schon immer der Ansicht waren, dass Kraftwerk und The Art Of Noise ein menschliches Antlitz fehlt.
Ein Prachtstück wie der Opener "New babies: new toys" mit knorrigem Bass, heulenden elektronischen Sirenen und einem McCluskey, der sich aus vollem Halse in den überlebensgroßen Refrain wirft, verzückt genauso wie der erste Part des Titelsongs, der Kometenmelodien mit kreisender Analogsequenz koppelt. Und da man auch auf der nächsten Leistungsschau für alteingesessene Fans ein bisschen was Neues auf der Pfanne haben will, übertreiben es die beiden bei der Single "If you want it" oder dem Schmachtfetzen "Sometimes" gelegentlich mit der Versöhnlichkeit. Die Synthies säuseln übermäßig, das Tempo ist gedrosselt - und da sind auch wieder die Backgroundsängerinnen, die schon Paul Young damals besser nicht ins Studio gelassen hatte.
Doch allzu seichte Songs wie diese sind eben die Folge der "Pandora's box", die McCluskey einst mit der Hinwendung zum Radiopop und dem gleichnamigen Stück öffnete. Zum Glück aber spielen OMD auf diesem Album weitgehend ihre ursprünglichen Stärken aus: Das unterschwellig bedrohliche "The future, the past and forever after" lässt die Elektronik kokeln und eine Twang-Gitarre umherwuseln, und "Sister Marie says" will mit frohlockenden Keyboards und flinken Harmoniewechseln zweifelsohne für einen legitimen "Enola Gay"-Nachfolger gehalten werden. Viel passiert abgesehen von der lustig klöppelnden Duett-Albernheit "Pulse" danach zwar nicht mehr, doch bleibt festzuhalten: OMD passen wieder besser mit Robyn und Caribou auf eine Bühne als mit Mike Oldfield und John Miles.
Highlights & Tracklist
Highlights
- New babies: new toys
- History of modern (part 1)
- The future, the past and forever after
- Sister Marie says
Tracklist
- New babies: new toys
- If you want it
- History of modern (part 1)
- History of modern (part 2)
- Sometimes
- RFWK
- New holy ground
- The future, the past and forever after
- Sister Marie says
- Pulse
- Green
- Bondage of fate
- The right side?
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