Interpol - Interpol
Soft Limit / Cooperative / UniversalVÖ: 03.09.2010
Kennzeichen D.
Da waren es nur noch drei. Groß das Geknirsche, drohend die Befürchtungen, ominös die Unkerei: Carlos "D." Dengler hat nach den Aufnahmen zum vierten Interpol-Album das helle Licht ausgeknipst und die Studiotür hinter sich zugemacht. Wohlgemerkt: danach. Denn obwohl Fachpresse, Fanforen und Berufspessimisten wegen des Ausstiegs eines einzigen Mitglieds den Niedergang der Band hinaufbeschwören - auf "Interpol" ist Dengler noch mit von der Partie, seine Präsenz spürbar und sein akzentuiert brummelndes Bassspiel nicht zu überhören. Wie bereits auf dem lange vor Veröffentlichung lancierten "Lights": Wer seinerzeit "Our love to admire" schon einen hohen Schwierigkeitsgrad bescheinigte, dürfte nun vollends die Ohren angelegt oder vielmehr gespitzt haben.
Und zwar, um ja nichts zu verpassen von "Lights", jenem Song mit einem der irreführendsten Titel der letzten Jahre: ein eiskaltes Liebeslied mitten aus dem Herzen der Finsternis, bei dem nicht nur im Videoclip sämtliche Körpersäfte fließen. Statt die Spannung des emporkriechenden Gitarren-Vibratos als Ausgangspunkt für einen Zusammenprall von Instrumenten oder wenigstens als Startbahn für einen Uptempo-Beat zu nutzen, hält sich "Lights" mit drei Griffen an den letzten ausgefransten Rockzipfeln des Gothic fest, schwillt immer mehr an, tritt auf der Stelle und rennt gleichzeitig pausenlos gegen eine mit Herzchen bekritzelte Wand: "That's why I hold you dear." Zunächst bedrückend, dann beeindruckend und schließlich begeisternd.
Es bleibt eines der besten Stücke eines Albums, auf dem die New Yorker die Funzeln noch ein wenig schummriger gedreht haben als auf dem Vorgänger, der bereits einem Teil früherer Stringenz entsagte. Denn sogleich die ersten drei Songs stellen klar, dass diesmal alles noch eine Spur loser angeordnet ist: Club-Standards wie "The Heinrich maneuver", gemütlich pumpelnde "Rest my chemistry"-Grooves oder das kehlige Rock-Stampfen von "Mammoth" fehlen fast völlig. "Spare me the suspense?" Da kann der Hörer lange bitten.
Stattdessen startet "Success" mit Sollbruchstellen zwischen Daniel Kesslers Riffs, und wälzt sich "Memory serves" in Zeitlupe über einen allmählich hervorsprießenden Shoegaze-Teppich, bis "Summer well" im Zusammenspiel von Piano und Backbeat auf ein leidlich straightes Finale hinausläuft. Doch auch wenn dieses Album an einigen Stellen ähnlich disparat klingt, wie der gesprengte Bandschriftzug auf dem Cover aussieht, kann es immer noch etwas draufpacken und in tiefster Dunkelheit plötzliche Lichtblitze aussenden.
Etwa das wuchtige "Barricade", das sich erst einen "PDA"-Gedächtnisanfang gönnt, dann spitze Riffs mäandern lässt und Paul Banks im Refrain zwischen Verzweiflung und Aggression zeigt: "It starts feeling like a barricade that keeps us away." Weg von konzisen, sofort einleuchtenden Melodien, weg von Erlösung und griffigen Schlusspointen, die Songs wie "Always malaise" (The man I am)" oder "The undoing" in ihren nagenden Selbstzweifeln stets verweigern. Eindrucksvoll, blickdicht, raumgreifend arrangiert - nicht nur Dengler hat hier ganze Arbeit geleistet. Und genau darum bleiben Interpol auch zu dritt voraussichtlich eine hoffnungsfrohe Band.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Memory serves
- Lights
- Barricade
- All of the ways
Tracklist
- Success
- Memory serves
- Summer well
- Lights
- Barricade
- Always malaise (The man I am)
- Safe without
- Try it on
- All of the ways
- The undoing
Im Forum kommentieren
The MACHINA of God
2020-12-10 18:33:39
Wieder da. Zum Glück.
MopedTobias (Marvin)
2020-12-06 14:43:30
Nö, kam wie alle Alben außer OLTA über Matador.
The MACHINA of God
2020-12-06 14:43:20
"Our love to admire" war auch schon mal weg paar Tage. Kam auch wieder.
Affengitarre
2020-12-06 14:32:07
Sind die Alben bei unterschiedlichen Labels erschienen?
Felix H
2020-12-06 14:26:12
Sehr merkwürdig sowas. "Lights" ist nämlich als Single noch da (und Remixes von "Try It On").
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