Magic Kids - Memphis
Rough Trade / Beggars / IndigoVÖ: 20.08.2010
Leichte Matrosen
Zurückhaltung ist oft keine Eigenschaft, die den großartigen unter den großartigsten Bands des Planeten beschienen werden kann. Fragen Sie einen Bono oder einen Mick Jagger. Ohne Größenwahn und enorme Wagnis wären sie nicht zu Superstars geworden. Das wollen die Magic Kids wohl auch und betiteln ihr Debütalbum ganz schamlos nach ihrer Heimatstadt "Memphis". Im Beilagentext und in vielen Artikeln wird dann alles breitgetreten, was man über diese Stadt erfahren kann. Elvis und Graceland vorne weg. Damit könnte man eine ganze Rezension füllen. Nur eines wird liebend gerne verschwiegen: Memphis wurde vom berühmten Forbes Magazin auf Platz 3 der "Most miserable cities" der Vereinigten Staaten gewählt. Grund: Die zweihöchste Kriminalitätsrate des Landes.
Da kommen die Magic Kids als Antipoden gerade recht. Verbrechen steht dieser Band um Sänger Bennett Foster nicht gerade ins Gesicht geschrieben. Keyboards üben sich in der Leichtigkeit des Seins und mehrstimmige Gesangslinien sorgen für eine sommerlich duftige Atmosphäre, die Surf- und Segelstimmung vermittelt. Passend dazu haben sie einen Song "Sailin'" getauft, der "Let's go surfing" der Drums große Konkurrenz um den Konsenssommerhit macht. Man ist hier gedanklich nicht immer an amerikanischen Stränden. Wales ist oftmals nicht so weit. Anklänge an die Super Furry Animals sind überdeutlich. Da verwundert Platz 45 der "Best new bands of 2010" im NME auch nicht, wobei die Meinung des NME anno 2010 so ziemlich egal ist.
Im Zentrum dieses Albums steht das zuckrige, gut zweiminütige "Hey boy" - ein feines kleines, euphorisches Popfragment, dessen Charme so recht erst in Dauerrepeat zur Geltung kommt. Außerdem einer der besten Songs, den die Beatles in ihrer Frühphase nicht geschrieben haben. Die Ausgestaltung der weiteren Songs strotzt nicht gerade vor Überkomplexität. Bläser funken durch, Streicher harmonieren im Hintergrund, doch im Grunde ist vieles harmlos - zu harmlos. In "Hideout" kommt das Ganze als süße Ballade daher, in "Skateland" als zackiger Gute-Laune-Rocker. Das wird sicherlich selbst den bösesten unter all den Verbrechern von Memphis ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Doch einige wenden sich danach gewiss auch gelangweilt wieder ab.
Ein Schmankerl haben die Magic Kids dann aber doch noch. Dem geradezu niedlichen "Superball" standen die amerikanischen 1960er Jahre der Westküste Pate. Mit Tamburine und simplem, ja einfach memorierbarem Melodiebogen geht das kurze Stück schon nach einmaligem Hörgenuss ins Gedächtnis und setzt sich dort überraschenderweise fest. Batikshirts und Hippiewohlbefinden gibt es hautnah. Ob das langfristig Eindruck hinterlassen wird, bleibt abzuwarten. Glücklich schätzen kann man sich jetzt dennoch: Memphis hat nicht nur Schwergewichte zu bieten, sondern auch den ein oder anderen Leichtmatrosen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Superball
- Hey boy
Tracklist
- Phone
- Candy
- Superball
- Hideout
- Summer
- Hey boy
- Good to be
- Skateland
- Sailin'
- Little red radio
- Cry with me baby
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Gordon Fraser
2015-03-15 20:19:53
Hängt mir dann auch fünf Jahre später immer noch nicht zum Hals raus. Schade, dass seitdem nix mehr von der Band zu hören war.
Telecaster
2012-01-24 18:20:45
Hab dieses Album vor ner Woche gekauft (schönes gelbes Vinyl!) und finde es brutal gut. Total schöner Powerpop.
Gordon Fraser
2010-09-21 18:40:50
Tatsächlich eine Spur zu cheesy. Wird mir nach dem fünften Durchgang sicher zum Hals raushängen. :D
Bis dahin aber ganz gut, so dass ein Punkt mehr durchaus drin gewesen wäre.
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- Magic Kids - Memphis (3 Beiträge / Letzter am 15.03.2015 - 20:19 Uhr)