Earl Greyhound - Suspicious package

The Organisation / Soulfood
VÖ: 20.08.2010
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ein schöner Rock

The next big thing! Die Retro-Sensation aus New York! Wie Wolfmother, nur besser! Was in den vergangenen Wochen alles über Earl Greyhound und ihr zweites Album "Suspicious package" geschrieben wurde, deutete auf einen akuten Anfall von Influenza Hypus hin. Als kritischer Zeitgenosse blieb einem da ja fast nichts anderes übrig, als der Scheibe nach Erhalt erst mal skeptisch gegenüber zu stehen. Auf dem Cover stehen ein Hippie, eine knackige Afro-Dame und ein verschrobener Kerl mit Sonnenbrille unter einem Baum. Gibt es solche Menschen heute tatsächlich noch? Das ist doch garantiert nur ein Marketing-Gag, um die Ewiggestrigen zu ködern.

Aber dann möchte man knapp 60 Minuten später am liebsten die drei Musiker persönlich um Verzeihung bitten, weil man an ihnen gezweifelt hat. "Suspicious package" ist ein wahres Monster von einem Rockalbum, das dem Hype gerecht wird. Tatsächlich hat seit "Wolfmother" vor vier Jahren keine Band mehr derart überzeugend Anspruch auf das Led-Zep-Erbe erhoben. Doch wäre es einem offenbar größenwahnsinnigen Trio wie Earl Greyhound wohl zu wenig, nur geschmeidige Blues- und Hardrockriffs rauszuhauen, also flirten sie auf ihrem zweiten Album unverhohlen mit Psychedlic Rock, Soul, und Latin-Gefrickel à la Santana. Anders gesagt picken sie sich die Perlen der Siebziger heraus.

Vermeidet der instrumentale Beginn des zweigeteilten "The eyes of Cassandra" zu Albumbeginn noch klare Aussagen, entwickelt sich Part two zu einem schrägen Progrock-Brecher. Wem nach diesem saftigen Einstieg noch nicht klar ist, dass es sich bei Earl Greyhound um weit mehr handelt als bekiffte Freaks in Retro-Klamotten, den rüttelt "Oye vaya" gleich mal richtig durch. Über einen unwiderstehlichen Groove schüttelt Gitarrist Matt Whyte Riffs und Licks aus dem Ärmel wie weiland Jimi Hendrix die Joints aus seinem Afro. Wenn sich kurz danach das schleppende "Shotgun" mit seinem Mantra-artigen Gesang auf Wanderschaft begibt, hat man das Trio endgültig in sein Herz geschlossen. Etwaige offenstehende Münder füllen Earl Greyhound mit Wasser aus dem explosiven "Sea of Japan", das Bassistin Kamara Thomas mit exzentrischer Vokalakrobatik noch zusätzlich anreichert. Was die New Yorker hier scheinbar ohne größere Mühe auftürmen, hat mit musikalischem Posertum nicht das geringste zu tun. Wie ein anderes Trio aus Hamburg einst andeutete: Es ist einfach Rockmusik.

Und guter 70s-Rock weiß auch, wann es geboten ist, mal den Fuß vom Gas zu nehmen. Am Ende des regulären Albums schicken Earl Greyhound mit "Bill Evans", "Out of air" und "Misty morning" drei nachdenkliche, soulgetränkte Balladen auf die Piste. Auch hier passt einfach alles: Melodien, Arrangements, Spielfreude. Wie eigentlich auf dem gesamten, bärenstarken Album dieses verschrobenen Trios. Leider hat das Label am Ende noch drei Bonustracks vom Erstling "Soft targets" draufgepackt, die sich mit lautem Bluesrock-Getöse stilistisch doch etwas stark von dem virtuos schwebenden neuen Songmaterial abheben. Aber das soll nicht der Schaden von "Suspicious package" sein. Wir halten also fest: Hype's not dead. Und was in den Siebzigern gut war, ist es auch heute noch.

(Mark Read)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The eyes of Cassandra (Part two)
  • Oye vaya
  • Shotgun
  • Sea of Japan
  • Out of air

Tracklist

  1. The eyes of Cassandra (Part one)
  2. The eyes of Cassandra (Part two)
  3. Oye vaya
  4. Ghost and the witness
  5. Shotgun
  6. Holy immortality
  7. Sea of Japan
  8. Black sea vacation
  9. Bill Evans
  10. Out of air
  11. Misty morning
  12. S.O.S. (Bonus track)
  13. It's over (Bonus track)
  14. I'm the one (Bonus track)
Gesamtspielzeit: 59:11 min

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