Blonde Redhead - Penny sparkle
4AD / Beggars / IndigoVÖ: 10.09.2010
Die Mäandertaler
Um es vorsorglich klarzustellen: Wirklich niemand erwartet oder erhofft von Blonde Redhead noch eine Rückkehr zum Neunziger-Noise. Dafür waren "Misery is a butterfly" und "23" in all ihrem zurückhaltenden Wohlklang einfach viel zu starke Platten. "Penny sparkle", Album Nummer vier nach der Abkehr von Ecken, Sonic Youth und Kanten, zeigt dennoch, was dabei herauskommt, wenn man die Sache allzu vorsichtig angeht und dann auch noch einfach so weiterglimmen lässt: Irgendwie gehen Blonde Redhead nach der Abendtoilette ausschließlich sich selbst in die Falle.
In der Tat mäandert "Penny sparkle" teils bedenklich vor sich hin. Dabei bieten Songs wie "Will there be stars" oder "Love or prison" kaum Spannungsbögen, kaum Hügel oder Täler in all den Dreampop-Flächen, Slo-Core-Grooves und Kazu Makinos ausschließlich weichgezeichnetem Gesang. Auch "Spain" präsentiert eine norddeutsche Tiefebene in tiefschwarzem Pastell. Alles ist leise und gedämpft, dunkel und verschneit - doch kaum etwas haust in diesen Songs, um ihnen Hinter- oder Untergründe zu verleihen, sei es die jubelierenden, sei es die gefahrvollen.
Stattdessen schlurfen die Beats durch einen schläfrigen Hall, als seien sie eben erst aufgestanden und hätten es von der Bettstatt gerade einmal bis zum Sofa geschafft. Da liegen sie nun herum, die dängelnden Percussions verursachen keinen Kopfschmerz, der Bass zittert nicht durch die Glieder, die Stimmen dringen gerade mal bis kurz vor die Hörschwelle. Dazu zirpen und schwirren Keyboardflächen, als hätten auch sie sich ihrer Muße ergeben und seien extrem relaxt einfach mal platt aufs Parkett gesackt. Zwischen Baldrian und Schlendrian, Synthesizer und Tranquilizer: Selbst die Frage, was hier mit Blonde Redhead und ihren sonst derart klar formulierten musikalischen Ambitionen eigentlich los ist, lümmelt sich eher durch einen ereignislosen Halbschlaf.
Doch das Misstrauen in die eigenen, enttäuschten Erwartungen lässt einen natürlich noch einmal genauer hinhören. Und tatsächlich kommt hinter all dem Phlegma doch noch so etwas wie ein Konzept zum Vorschein. Das sieht allerdings so aus: Blonde Redhead schludern, säuseln und schlummern so lange dahin, bis der seichte Gitarrenteppich und der Wiegeschritt von "My plants are dead" oder der Beat zum Abschluss von "Here sometimes" noch einmal aufstehen können. Auch das Bassdrum-Klopfen, die Offbeat-Gitarren und die Bassschleifen von "Oslo" werden als Gesten wahrnehmbar, die immerhin Einlass verlangen ins bewegte Traumuniversum. Doch auch von solchen Verfeinerungen bietet "Penny sparkle" letztlich zu wenige. Wer die Reizschwelle derart tief anlegt, der findet halt automatisch einige Höhepunkte. Durch Berg und Tal reist dieses Album jedenfalls nicht. Geschweige denn über Stock und Stein der eigenen Grundentspannung.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Here sometimes
- My plants are dead
- Oslo
Tracklist
- Here sometimes
- Not getting there
- Will there be stars
- My plants are dead
- Love or prison
- Oslo
- Penny sparkle
- Everything is wrong
- Black guitar
- Spain
Im Forum kommentieren
rhdf
2011-02-23 12:34:12
itunes bonuslieder? yeeaaah!
musie
2010-10-22 06:51:27
dieses album ist der fever ray nachfolger. ich denke, dass das album so wenig resonanz findet liegt darin, dass anhänger vom früheren blonde redhead sound vor diesem album abschrecken und elektronisch geprägte hörer dieses album (noch) nicht entdeckt haben. für mich eine 8,5/10 im richtigen moment. aber das gilt ja für viele alben, i like trains kann ich auch nicht am strand hören.
musie
2010-09-15 08:47:36
erstaunt mich nicht, dass das bei pitchfork so schlecht wegkommt. der kalte eintönige sound ist klassisch europäisch, find ich. und gerade wegen dieser eintönigkeit und oberflächlichen kälte finde ich dieses album so faszinierend. die itunesbonuslieder sind übrigens sehr zu empfehlen.
rym
2010-09-14 13:49:10
rym gibt 3.34.
pit-ch(ristian) fork
2010-09-14 13:26:58
ich gebe 4.0!!!
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