Klaxons - Surfing the void

Polydor / Universal
VÖ: 20.08.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Chaos regiert

New Rave war kurzlebig. Es gibt sogar Leute, die der Ansicht sind, es hat ihn nie gegeben. Und nachdem die oft als Galionsfirguren der vermeintlichen Bewegung titulierten Klaxons mit dieser fertig waren, blieb ohnehin nicht mehr allzu viel davon übrig. Alles niedergewalzt von den rasenden Breakbeats, Panik-Fanfaren und misshandelten Riffs der epochalen Single "Atlantis to Interzone". Mit dem tückisch harmonischen "It’s not over yet" und der Hymne "Golden skans" folgten zwar auch ein paar Songs mit Radiopotenzial, doch trotzdem hatten Jamie Reynolds und seine Jungs allen gezeigt, dass man auch den hybridesten Krach und die abstrusesten Klangkombinationen irgendwie zu Pop verkochen kann, wenn man nur laut genug schreit. Denen doch egal, wie so etwas heißt.

Kein Anlass also, das erfolgreiche Rezept des Erstlings "Myths of the near future" für den Nachfolger grundlegend zu ändern. Wieder ein knallbuntes und möglichst absurdes Cover zusammencollagiert, den Veitstanz in die Drummachines programmiert beziehungsweise bei Schlagzeuger Steffan Halperin in Auftrag gegeben, die Kreischsägengitarren in Stellung gebracht und James Ford auf dem Produzentenstühlchen platziert. Hört sich anstrengend an, ist es oftmals auch - weswegen Ford während der Aufnahmen lieber seinen Hut nahm und mit Ross Robinson durch einen Mann ersetzt wurde, der sowohl Korn als auch The Cure kann. Und sicher nicht der Verkehrteste ist, um dem kreativen Chaos die Stirn zu bieten, das die Londoner auch auf ihrem zweiten Album entfesseln.

Von der leidlich zahmen Single "Echoes" sollte man sich dabei nicht zu sehr in Sicherheit wiegen lassen. Auch wenn der prengelnde Bass und die heulenden Synthie-Sirenen einen lupenreinen Popsong und eine Melodieführung verstecken, die an eine etwas gröbere Version von Delphics "Doubt" denken lässt. Spätestens beim Tumult des aus allen Rohren feuernden Titelstücks ist dann nämlich zum ersten Mal alles zu spät: Hektisches Gitarrenstakkato heizt vor, eine trügerisch schwelende Strophe kratzt sich ins Bewusstsein, bevor nach einer kleinen Keyboard-Bridge ein Inferno aus Geschrei und stoischen Riffs den Song zerhackt, bis er schließlich in sich zusammenfällt.

Immerhin lassen Klaxons mit dem flirrenden Shoegazer "Valley of the calm trees" und oder der bassgetriebenen Psychedelia von "Venusia" zwischendurch ein bisschen Ruhe einkehren, und "Twin flames" gibt gar ein hochmelodisch holperndes, abstraktes Liebeslied ab. Ganz im Gegensatz zu "Flashover", das sämtliches Equipment auf den Studiofußboden wirft, mit Schmackes darauf herumtrampelt und anschließend nicht nur zertrümmerte Instrumente, sondern auch die Frage im Raum stehen lässt, wer um alles in der Welt die "myriads of silver discs" kaufen soll, von denen im Text die Rede ist. Die Antwort wird nicht lange auf sich warten lassen, denn Klaxons bestätigen mit "Surfing the void", dass sie eine richtig gute Band sind - und nicht bloß Aushängeschilder eines imaginären Trends.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Echoes
  • Surfing the void
  • Twin flames
  • Flashover

Tracklist

  1. Echoes
  2. The same space
  3. Surfing the void
  4. Valley of the calm trees
  5. Venusia
  6. Extra astronomical
  7. Twin flames
  8. Flashover
  9. Future memories
  10. Cypherspeed
Gesamtspielzeit: 38:29 min

Im Forum kommentieren

Biba Butzemann

2010-09-20 09:04:03

Doch ein deutlicher Rückschritt zum sehr guten Debut, stilistisch nicht weit davon entfernt, fehlt aber irgendwie die Kraft, die Agilität, die Verschrobenheit.

Werde ich wohl alsbald weglegen.

Dubious Disc

2010-09-03 10:58:57

"Myths of the Near Future" fand ich besser (hätte mMn eine 8-9/10 werden müssen), aber die 7/10 für das neue Album geht definitiv in Ordnung. Es growt noch immer bei mir *thumbs up*

katzensindtoll

2010-09-01 22:28:50

album ist gut, geht auch so in die mgmt richtung, kommt an deren alben aber nicht ran. dennoch schönes album!

Flashover

2010-08-19 13:29:13

Ich würde abwarten. Wobei das Verhalten der Plattenfirma wirklich eine Frechheit ist.

müdler

2010-08-19 13:22:34

will ja auch keiner hören... die soundschnipsels auf visions haben schon gereicht!

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