Hypernova - Through the chaos

Narnack / Cargo
VÖ: 20.08.2010
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Hyper? Hyper!

Ungemütliche Vorstellung: Man gibt mit seiner Band regelmäßig Konzerte, kann die Termine aber nie öffentlich bekanntgeben, weil man sonst Gefahr läuft, verhaftet zu werden. Und das nicht etwa wegen limitierter Fähigkeiten an den Instrumenten oder schlechter Songs, sondern aufgrund staatlicher Repression. Für Hypernova während der Zeit im Underground ihrer Heimat Teheran harte Realität. Wild ist der Mittlere Osten, schwer ist der Beruf. Beziehungsweise dessen Begleitumstände. Und so wanderte das Quartett nach den ersten Achtungserfolgen flugs nach New York aus. Denn auch dort hatte eine EP mit dem programmatischen Titel "Who says you can't rock in Iran?" bereits für Aufhorchen gesorgt.

Drauf war schnittige, angedunkelte Rockmusik, zu der sich die Band von Platten der Sisters Of Mercy oder den Psychedelic Furs hatte inspirieren lassen, die man aber genausogut in aktuellem Indie und Post Punk verorten konnte. Auf ihrem Debüt sieht es nicht viel anders aus: "Through the chaos" ist mit straighten Songs, sensenden Gitarren und dunklem Gesang auch auf jeder westlichen alternativen Tanzfläche bestens aufgehoben. Fernab der restriktiven Zwänge eines fundamentalistischen Regimes und randvoll mit den Dingen, die Rockmusik ausmachen: Leben, Liebe, Sehnsucht und Richtung Obrigkeit ausgestreckter Mittelfinger.

Angesichts der beiden fulminanten Opener, die mit klirrenden Riffs und teils rasantem Uptempo Interpol oder The Strokes ankumpeln, gebührt Hypernova höchster Respekt. Denn man muss immer bedenken, dass die Band diese Stücke vor einiger Zeit noch in den Kellerverschlägen einer Stadt spielte, in der einem jeden Moment alles um die Ohren fliegen konnte. Und muss sich nichts vormachen: Für Titel wie "Viva la resistance" oder "American dream" wären Hypernova vor der Ausreise womögllich mindestens in einen Horrorknast für Sympathisanten kapitalistischer Schurkenstaaten gewandert. Und so tun die Vier munter das, was sie früher nicht ohne weiteres durften, feiern den wilden Hedonismus durchtanzter Nächte und kokettieren im schmissigen Rocker "Fairy tales" gar lüstern mit den Reizen frühreifer Weiblichkeit.

Musikalisch spielt "Through the chaos" dabei erstaunlich souverän im Konzert der Großen mit: Der Hüftschwung von Franz Ferdinand steht genauso auf dem Programm wie die frenetisch kreisenden Gitarren des Strokes-Heulers "Reptilia" oder das in "Empty times" nachgebaute Riff aus Placebos "You don't care about us". Und gerade zu Anfang wirft dieses Album vorzügliche Hits ab, auch wenn sich Hypernova auf Dauer noch etwas zu profillos durch das Referenzsystem des Indie hangeln. Doch vielleicht lockt sie Julian Casablancas demnächst einmal in einen Hinterhof und spielt ihnen seine Velvet-Underground-Scheiben vor. Oder der momentan beschäftigunglose James Murphy lädt sie in die DFA-Studios ein. Es gibt nämlich noch einiges zu entdecken. Für Hypernova und vielleicht bald auch für den Hörer.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Universal
  • Viva la resistance
  • Fairy tales

Tracklist

  1. Universal
  2. Viva la resistance
  3. Lost in space
  4. American dream
  5. Empty times
  6. Here and now
  7. With you
  8. Fairy tales
  9. Monster in me
  10. See the future
Gesamtspielzeit: 36:19 min

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