Wavves - King of the beach

Bella Union / Cooperative / Universal
VÖ: 30.07.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Surfin' LSD

Manche Musiker sind körperlich am Ende und künstlerisch am Anfang. Wie Nathan Williams auf den ersten beiden Alben seines Projektes Wavves: Dort spielte der Kalifornier zu krudem Skater-Artwork unter- bis gar nicht produziertes Gelärme und trug freudig genialen Dilettantismus zur Schau. Dass Williams nicht nur musikalisch ein ziemliches Wrack war, stellte sich erst heraus, als er bei einem Auftritt unter Drogeneinfluss das Publikum anpöbelte, den Drummer verdrosch und wenig später auch noch kleinlaut seinen Alkoholismus eingestand. Er durfte sich also erst einmal fragen, was er vom Leben und von der Musik eigentlich erwartet. Und scheint zu einem vernünftigen Schluss gekommen zu sein.

Zu Wavves gehören inzwischen zwei Musiker aus der früheren Band des verstorbenen Jay Reatard, beide offensichtlich ausgestattet mit einem Faible für tragische Figuren, fürs Mischpult erbot sich gar Modest-Mouse-Produzent Dennis Herring. Noch schnell das Skateboard gegen ein Surfbrett eingetauscht - und auf geht's an den Strand, um sich dort königlich zu amüsieren. Mit viel Tempo, munteren Punk-Pop-Melodien und einem Sound, den man diesmal nicht in Anführungszeichen setzen muss. Wobei der Begriff Pop natürlich mit Vorsicht zu genießen ist. Trotz fröhlicher Johl- und Bubblegum-Bömbchen schmeckt das Kaugummi nämlich wahlweise nach Plutonium oder LSD und kann die tatsächlich stattfindende Produktion dem immer noch gut sitzenden Etikett Lo-Fi nicht viel anhaben.

Auch das Mehr an Elektronik ändert nicht allzu viel: "Baseball cards" eiert unberechenbar auf einem Teppich aus Keyboards und Handclaps herum, und aus den quabbeligen Synthies von "Convertible balloon" tropft kein urbaner Surf-Beat, sondern verstrahlte Psychedelia-Soße. Williams steht währenddessen gänzlich ironiefrei im Zentrum der Veranstaltung und meint den Albumtitel vermutlich vollkommen ernst - was die braungebrannten Jungs auf ihren tollkühnen Brettern können, macht er mit seinem ungelenken Charme schließlich locker wieder wett. Und überhaupt: "To take on the world would be something."

Sogar fatalistische Sätze wie "I hate myself, but who is to blame" oder "My friends hate my guts" kontert Williams inzwischen mit frenetischem Fuzz und einem Schlag Grunge-Haudrauf. Etwa beim Titelstück, der Brechstange "Idiot" oder "Post acid", das an mit Helium vollgepumpte Thermals denken lässt und im rauschhaftesten Hochgefühl ein paar Mal pfiffig den Rückwärtsgang einlegt. Drummer Billy Hayes darf himmlischen Backgroundgesang einwerfen und sogar an den letzten beiden Songs mitschreiben - worauf das Ganze dann doch mit einem bösen Erwachen endet. Denn bei "Baby say goodbye" entsteigen Wavves gutgelaunt der Dusche, müssen aber anschließend feststellen, dass die Liebste das Weite gesucht hat. Doch was soll’s? Als "King of the beach" findet man an ebensolchem doch sicher schnell wieder etwas Properes.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • King of the beach
  • Linus spacehead
  • Take on the world
  • Post acid

Tracklist

  1. King of the beach
  2. Super soaker
  3. Linus spacehead
  4. When will you come
  5. Baseball cards
  6. Take on the world
  7. Post acid
  8. Idiot
  9. Green eyes
  10. Mickey Mouse
  11. Convertable balloon
  12. Baby say goodbye
Gesamtspielzeit: 36:45 min

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