My Sister Grenadine - Subtitles & paper planes

Solaris Empire / Broken Silence
VÖ: 20.08.2010
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Dem Jungen mit der Gitarre seine Schwester

Musiker nutzen ein Alter Ego, um abzulenken, zu übertreiben, zu wagen, auszureißen und auszuleben, während sich die eigene Persönlichkeit zunehmend hinter der Projektionsfläche verschanzt. Nach dem Motto: Ich kenn Dich nicht, Du Ich. Vincenz Kokot nimmt das nächste Level in Angriff und beruft seine imaginäre Schwester Grenadine zum Bandmitglied. Ihr Weltverständnis und ihre fragmentarischen Skizzierungen sind Ausgangspunkt für Kokots Lyrics. So reihen sich Songs über Feuerwerke ein in Traumszenarien und eine Flut an Naturbildern: "And more like an island / She is made out of sand stone / Go watch the water rise she said", heißt es etwa in "Pacific", das auch gleichzeitig den Wendepunkt des Doppel-Albums einläutet.

"Subtitles & paper planes" splittet sich nämlich physisch wie musikalisch in zwei Hälften. Auf CD1 finden sich Art-folkige, akustische Singer-Songwriter-Stücke, gespielt auf Ukulele und Akustikgitarre. Das gelingt Kokot in essentieller wie unkonventioneller Weise. Während er seine Parts fein ziseliert, Rhythmen vorgibt oder sie bewusst aushebelt, unterstützt ihn mittlerweile eine kleine Horde an Musikern, die jene Basis kunstvoll illuminieren. Allein in "Fireworks" geistert eine singende Säge umher, quietschen Spielzeuge und ruft ein tiefbrummender Felix Koch "Love with you". "At night I fall asleep" wirft mit windzischelnden Sssss-Lauten um sich; das Xylophon wandert zu Violine und Backgroundgesang - und allen zusammen versagen zum Ende langsam die Antriebsbatterien. Die werden wieder aufgeladen für CD2.

Was eben noch glasklar und gänzlich akustisch erklang, bekommt fortan häufiger den elektrischen Stecker und Synthesizer verpasst. Das ist für Titel wie "How to swim" kein Gewinn, macht aus "Levity's hero" aber einen guten James-Yuill-Song und aus "A happy heart" den Vorgeschmack auf eine Softvariante des "Trainspotting"-Soundtracks. Für bruchstückhaft zusammengepuzzelte Songs wie "Pour les oiseaux" ist kein Platz mehr, um so mehr für die Tempowechsel in "Twenty-four times", das nach einigen Kunstpausen mit Empfehlung von The Notwist entschwindet. Die Songs behalten ihre Grund-Dezentheit, sie bedecken hier nur einen Teil ihrer Blöße. Was ja auch verständlich ist: Je älter die Schwester wird, desto weniger möchte sie sich die selbige geben. Mag sie noch so imaginär sein.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • At night I fall asleep
  • Snapshot song
  • Twenty-four times

Tracklist

  • CD 1
    1. Fireworks
    2. At night I fall asleep
    3. Those icicles
    4. Pour les oiseaux
    5. The journey
    6. This silence
    7. Snapshot song
    8. Au bout de la station)
  • CD 2
    1. Pacific
    2. A happy heart
    3. How to swim
    4. Twenty-four times
    5. I turn into an obstacle
    6. Levity's hero
    7. Hesitate don't hesitate
    8. The greenhouse
Gesamtspielzeit: 52:46 min