3OH!3 - Streets of gold
Photo Finish / WarnerVÖ: 20.08.2010
Die Feierwut
Viele Unternehmensberater predigen es: Lernen Sie ihre Zielgruppe kennen, finden Sie heraus, wer ihre Produkte kauft. Ist das einmal durch, können dann Produkte perfekt abgestimmt werden. Ob Layout oder Inhalt, alles wird optimiert. 3OH!3 sind aber alte Füchse und wissen natürlich genau, wen sie da ansprechen. Schon mit ihrem zweiten Album "Want" war der Hedonist aus dem Stall gelassen und konnte sich fröhlich zu süffigen Sounds und verhaltensauffälligen Texten bewegen. Dancen, dancen, dancen, crazy sein! Jeder, der da nicht mitzieht, ist in dieser Logik ein Spießer, ein Suppenkasper, der dem Vergnügen im Weg steht. Also zünden 3OH!3 auf "Streets of gold" wieder die Ballerbeats. Alles noch ein bisschen dicker, noch ein wenig schmieriger. Küsse werden mit Schmatzgeräuschen vertont. Die Gitarren dürfen ihren Schmonz in die Großraumdisko auskotzen. Dafür haben 3OH!3 bei den Texten eben ein wenig eingespart. "I'm gonna have a house party in my house." Crazy.
Dabei geht jedem Song alles ab, was irgendwie für Funk oder Groove sorgen würde. Es wird aus allen Rohren gefeuert, ohne Sinn oder gar Verstand. "I can do anything" schmiert sich dann noch ein wenig die Synthies an die Backe, und "My first kiss" holt Prinzessin Vanilleeis Ke$ha mit an Bord. Clap-Hand-Beats werden da sofort überrannt von seelenlosem Gestampfe. Überhaupt muss alles bis zum Gehtnichtmehr übermalt werden, sodass selbst das verkniffenste Augenzwinkern nicht mehr ankommt. Was "Streets of gold" so unerträglich macht, sind nicht einmal seine dicken Beats oder sein Testosteron, sondern die Unfähigkeit, damit zu spielen. Es bleibt das Gefühl, dass das ernst gemeint ist, wenn etwa "Beaumont" seine Klöten auf die Tanzfläche hievt. Diese Spießigkeit, die nur ihren eigenen Suff kennt, schafft es dann eben auch nicht mehr als drei Minuten zu überzeugen, mal von der Idee abgesehen, damit ein ganzes Album füllen zu wollen. "Streets of gold" könnte eine astreine Partygranate sein, wenn es seine Selbstüberzeugung nicht so penetrant zur Diskokugel tragen würde.
Wenn dann "Déjà vu" mit seinem Refrain richtig ins Fettnäpfchen trampelt und unfreiwillige Komik einen neuen Freund bekommt, kommt nicht mehr viel. Bei "We are young" erklingen im Ohr die Stimmen der "Wuuuhuuu"-Girls dieser Welt. Das ist nämlich alles voll am Puls der Jugend und Sprachrohr und so. Seinen Zenit erreicht dieser Blödsinn dann mit "R.I.P.", das wohl aus den gesammelten Briefbüchern von Jessica Simpson zusammengeklaut wurde. "You and me / R - I - P." Daneben Herzchen und Grabsteinchen. Es zeigt die Schwäche von "Streets of gold", dass es diese Emotionen nur als überzeichnete Klischees wiedergeben kann. Nur in eine Richtung können 3OH!3 schlagen, und das ohne Wenn und Aber. Oberflächlich und überflüssig pumpen die Beats vor sich hin. Katerstimmung macht sich schon nach 18 Uhr breit. Der liebste Gast auf dieser Party sind sich 3OH!3 selbst. Immerhin machen sie daraus nie einen Hehl. Sprüche und Lacher aus der Konserve. You get what you hear.
Highlights & Tracklist
Highlights
- -
Tracklist
- Beaumont
- I can do anything
- My first kiss feat. Ke$ha
- Déjà vu
- We are young
- Touchin on my
- House party
- R.I.P.
- I know how to say
- Double vision
- I'm not the one
- Streets of gold
- See you go
- Love 2012
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- 3OH!3 - Don't drust me (4 Beiträge / Letzter am 05.11.2009 - 20:37 Uhr)