Ghost Of A Chance - And miles to go before I sleep

Midsummer / Cargo
VÖ: 13.08.2010
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Der Morgenmuffel

Ein einsamer Cowboy mit schwerem Herzen auf der unendlichen Straße des Lebens, nur schwach illuminiert von den Dingen um ihn herum. Deutlicher hätte die Verpackung wohl nicht auf den Inhalt von "And miles to go before I sleep" stoßen können. Denn genau so ist das Debüt des mainzerischen Singer/Songwriters Tobias Heiland aka Ghost Of A Chance geraten: Dunkel, melancholisch, sehnsüchtig und wissend um die Leiden der jüngeren Bardenfraktion um William Fitzsimmons, Bon Iver oder den Omaha-Clan um Conor Oberst. Große Namen also, die Heiland nun mit viel Gefühl in seine Heimat übersetzen möchte.

"And miles to go before I sleep" wirkt zunächst, als wolle sich Heiland erst einmal mit allen möglichen Spielarten des lonesome crooning starkspielen. Der Opener "Transatlantic" fährt im Refrain unverholen etwas größer auf, und lässt die Sterne ganz hell funkeln. Dabei tänzelt Heiland ganz knapp auf der Schwelle zum Kitsch, fällt vor allem in den Strophen aber immer wieder auf die richtige Seite. Das hätte mit einem Hauch mehr Pop-Schönmalerei auch in die andere Richtung gehen können. Die folgenden drei Songs sind ebenso nettes wie ungefährliches Material, das nur leidlich andeutet, welches Gefühl wirklich in dieser Platte steckt. Es fehlen ein bisschen die musikalischen Ecken und Kanten, die Heilands sehr anschmiegsamen und warmen Stimme die Stirn bieten. "And miles to go before I sleep" droht sich etwas zu zerlaufen.

Welches Potenzial im Projekt Ghost Of A Chance tatsächlich schlummert, zeigt die Platte erst mit fortlaufender Spieldauer. Je näher das Ende "Sleeping with the lights on" rückt, umso intimer und schöner wird dieses Album, zieht sich hinaus aus dem Einerlei. Eben dieser Abschlusssong hält dann noch eine kleine Überraschung in Form eines Scream-Parts parat, der sich allerdings dezent in den Hintergrund stellt, weil er eigentlich etwas fremdelt auf diesem Album voller melancholischen Charmes. "Sleeping with the lights on" beschließt damit einen hinreißenden Songzyklus, der allerdings etwas zu spät mit dem fünften Stück beginnt. Denn bei "Ghosttown" stimmt erstmals alles auf diesem Album. Heiland scheint mit sich, seinen Dämonen und dieser Welt im Reinen zu sein. Als Krönung hat er diesen eh schon glanzvollen Song mit einem sehr herzlichen und familiären Lagerfeuersummen inklusive Gänsehaut dekoriert. So muss sich eine perfekte, wenn auch einsame Nacht anhören.

Warum Heiland ein bisschen Anlaufzeit braucht, um seine eigene Stimme zu finden, und warum nicht jeder Song so ergreifend ist wie "Hideout", diese Ode an die Kraft der Musik mit dieser fabelhaften Frauenstimme im Hintergrund, ist ein kleines Rätsel. Dass "And miles to go before I sleep" noch ein wenig Luft nach oben lässt, soll aber gar nicht traurig stimmen. Denn so lässt sich dieses Debüt in Teilen als großes Versprechen für die Zukunft nehmen. Die könnte rosig sein.

(Kai Wehmeier)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ghosttown
  • Hideout
  • Sleeping with the lights on

Tracklist

  1. Transatlantic
  2. Things worth asking
  3. Vanilla cigarettes
  4. Swan song
  5. Ghosttown
  6. Gravery
  7. Live a little
  8. Hideout
  9. Badlands
  10. Sleeping with the lights on
Gesamtspielzeit: 42:00 min

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