School Of Seven Bells - Disconnect from desire

Full Time Hobby / PIAS / Rough Trade
VÖ: 16.07.2010
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Schall und Rausch

Der schönste aller Sinneszustände ist der Rausch. Das Leben durch eine andere Brille sehen. Eine, die alles bunter, schöner, aber auch gefährlicher erscheinen lässt. Das neue Album des schwarz schillernden Dreampop-Trios School Of Seven Bells gleicht diesem ekstatischen Gefühl des Lasters: Psychotrop wird hier der Chor zum Sirenengesang, die Gitarrenwände zur Klagemauer und die unaufhaltsamen Keyboards zu Treibsand. Und ehe man sich versieht, ist "Disconnect from desire" am Ende angelangt. Die Lider hingegen werden immer schwerer.

Der Beginn entführt verlockend in diese Traumwelt. "Windstorm" ist wie das weiße Kaninchen aus "Alice im Wunderland" und darüber hinaus eine sehr elegante Versuchung: "When the fire's burning from sky to ground / Swing my weight around / Begin the windstorm". Kein laues Lüftchen, sondern eine narkotisierende, schwindelerregende Böe. Wer sich vor lauter körperloser Schönheit nicht schon zu diesem Zeitpunkt verabschiedet hat, bekommt mit "Heart is strange" den nächsten süßen Schlaftrunk verabreicht. School Of Seven Bells wissen zwar, wie man den Hörer mit Zärtlichkeiten umgarnt, für zupackende Gesten ist in ihrem Kosmos jedoch kein Platz.

Und hiermit wäre das größte Problem von "Disconnect from desire" eingekreist: Alles bewegt sich in einem langen, stetigen Fluss. Die Momente, die den Hörer fesseln, die Haken und Ösen, Ecken und Kanten von anderen Bands aus derselben schattigen Gegend sind hier leider rar gesät. Lieblich lullt einen das Album ein wie eine sanfte Droge, doch richtig zwingend ist dieses Album selten. Vielleicht eine hinterhältige Taktik? Schließlich sollen hier offenbar die Triebe gedrosselt und die Gelüste in Kellergewölbe gesperrt werden.

"Disconnect from desire" feiert die Bewusstseinsveränderung mittels Enthaltsamkeit. Und auch wenn meist auf wilden Noise und bös fiepende Gitarren verzichtet wurde und zum Großteil gespenstische Soundscapes mit herrschaftlicher Souveränität regieren, ist das zweite Album von School Of Seven Bells ein vollmundiges Versprechen: Diese Band hat viel Esprit und hypnotisierende Leidenschaft, sie verzichtet auf übermäßiges Blendwerk, ergibt sich der puren Macht der Schönheit und errichtet Traumlandschaften. Bis die Lider wie erwähnt schwer werden. Ob nun aus Langeweile oder tiefster Sehnsucht nach berauschenden Visionen, muss jeder für sich selbst herausfinden.

(Kevin Holtmann)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Windstorm
  • Heart is strange
  • Bye bye bye

Tracklist

  1. Windstorm
  2. Heart is strange
  3. Dust devil
  4. I l u
  5. Babelonia
  6. Joviann
  7. Camarilla
  8. Dial
  9. Bye bye bye
  10. The wait
Gesamtspielzeit: 50:52 min

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum