
Qa'a - Chi'en
Magia Roja / Broken SilenceVÖ: 09.07.2010
Einfach kompliziert
Erst einmal braucht man einen Kurs in Kryptologie für Anfänger: Gelbe Balken auf weinrotem Hintergrund hinter lila Balken auf weinrotem Hintergrund, der Bandname versteckt sich irgendwo an der Seite und ist kaum zu erkennen. Ebenso verschlüsselt für die Englisch gewohnte Kritikergemeinde: Eine Band namens Qa'a, benannt nach einem ägyptischen Pharao, liefert hier ein Album ab, dass "Chi'en" (vielleicht nach französisch: Hund) heißt. So ist das Zittern in den Fingern angesichts des potenziell überkomplexen Prog-Postrock-Werkes, das mit sechs Kompositionen in knapp 80 Minuten diese Silberscheibe bis zum Rand füllt, kaum zu unterbinden. Dem Rezensenten steht schon der Angstschweiß auf der Stirn. Und dann ist alles halb so schlimm.
Denn diese spanische Band hat es nicht so mit Erwartungshaltungen. Statt des zu befürchtenden Mucker-Monsters gibt es hier das genüssliche Ausformulieren einzelner Ideen und einen Sound, der zwischen einer erfreulichen Version des Unter-ferner-liefen-Genres Easy Listening und sattem Noiserock changiert. Qa'a basteln zum Beispiel in "Speakerbox" ein Epos aus genau einem Gitarrenlick. Na gut, aus anderthalb. Die Minutemen hätten daraus einen Einminüter gemacht und zum Ende hin ordentlich in die Becken gehauen, Brant Bjork eine solche Idee vielleicht mit einem ordentlichen Verzerrer versehen und auf maximal fünf Minuten aufgeblasen. Doch was bauen Qa'a daraus? Einen fünfzehnminütigen Klangteppich, der trotz dieser eineinhalb perkussiven Akkorde, die sich in Endlosschleife wiederholen und erst im letzten Drittel eine leichte Variation erfahren, nie langweilig wird. Denn zwischendurch gibt es viel zu entdecken. Überall verstecken sich leise pluckernde Synthies, hintergründige Bassgitarren und allerhand verspielter Kleinkram, der sich erst bei wiederholtem Hören bemerkbar macht.
Dass Qa'a nicht zum Café Del Mar des Indierock verkommen, liegt vor allem daran, dass jeder Song sich anderer Mittel bedient, um in die Breite zu gehen. Am seltsamsten, extremsten und vielleicht fragwürdigsten ist "Peeling off", das sich über geschlagene 25 Minuten lang anhört wie ein überlanges Intro von The Mars Volta und vor lauter Percussion und Teppichweberei glatt die anderen Instrumente vergisst. Der fies schrammelnde Feedback-Noiserocker "She provides" macht danach so richtig Feuer in der ansonsten eher lauschigen Kaminecke, und die versöhnlichen Folkhymnen "Eastdown westdown" und "Chi'en" umrahmen ein Album, das mit wenigen Mitteln und viel Zeit fast den ganzen Kreis der Schöpfung abschreitet. Postrock ist das jedenfalls kaum noch. Dafür aber um so spannender.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Speakerbox
- She provides
Tracklist
- Eastdown westdown
- Speakerbox
- Time is key
- Peeling off
- She provides
- Chi'en
Referenzen