Korn - III - Remember who you are

Roadrunner / Warner
VÖ: 09.07.2010
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Nicht ganz die Alten

Das Leben von Jonathan Davis lässt sich zunächst einmal in zwei relevante Abschnitte einteilen. Der erste umfasst die Zeit des Leidens in Bakersfield, der zweite das Dasein als Sänger von Korn. Hier tobt sich der Frontmann einer der einflussreichsten Kapellen der 90er Jahre seit inzwischen knapp über 16 Jahren nach Lust und Laune am Mikrophon aus, schreit, weint und tobt einer noch immer riesigen Fanschar ins Gesicht und bemüht sich, mit den Gespenstern der Vergangenheit zurecht zu kommen. Doch wenn er sie vertriebe, würde er sich und der Band wohl die Existenzberechtigung berauben. Was kein Trost sein kann: Die Jahre als Sänger haben neue Leiden mit sich gebracht.

"Remember who you are" soll jetzt nach einigen durchschnittlichen und zum Teil belanglosen Scheiben wie "Untitled", "Take a look in the mirror" und "Untouchables" dem Titel entsprechend dort hinführen, wo die Band musikalisch herkommt. Geholfen hat ihnen dabei Ross Robinson, der bereits die ersten beiden Platten "Korn" und "Life is peachy" produzierte und einen wichtigen Anteil am damaligen Erfolg zunächst der Band und später des gesamten New-Metal-Genres besitzt. Doch alle Besinnung auf früher, jede Vermeidung von eventueller Überproduktion und die Wiederbelebungsversuche einstiger Pionier-Taten (kaum jemand hatte zum Beispiel das Bass-Spiel so prägnant zelebriert wie Korn Mitte der Neunziger) verläuft auf Studioalbum Nummer neun im Sande.

Dem besinnlichen Intro "Uber-time" folgt zwar mit "Oildale" schon gleich zu Beginn ein früher Höhepunkt samt erstem Vokal-Exorzismus, doch die aufkommende Euphorie angesichts der erhofften qualitativen Kehrtwende wird rasch von einer eher irrelevanten, vier Stücke währenden Strecke im Keim erstickt. Drogen-Erlebnisse ("Pop a pill"), Begegnungen mit Wölfen im Schafspelz ("Fear is a place to live") oder das Prostituieren, um anderen zu gefallen ("Move on"), ergeben die schon gewohnte, inzwischen reichlich abgenudelte Leidensgeste von Jonathan Davis.

Dass Davis ein großartiger Sänger sein kann, beweist er in der Mitte des Albums, wenn er in "Let the guilt go" zum intensiven Laut/Leise-Spiel all seine Stimm-Facetten durchlebt und einen Song raushaut, der auf den Tanzflächen für die eine oder andere Eskalation sorgen kann. Leider, und das ist die ganze Tragik der Angelegenheit, reißen die vier Jungs aus Kalifornien die Zwischen-Freude gleich wieder ein und grätschen die Qualität mit einem belanglosen Endspurt fulminant um. Weitere Exorzismen, böses und ironisches Gelächter und die obligatorischen Tränen können nichts mehr retten.

Früher waren Korn eine der Bands, vor denen die Eltern ihre Kinder warnten. Inzwischen sind die Kinder selber Eltern - und nehmen nur mehr beiläufig zur Kenntnis, was aus ihren einstigen Lieblingen geworden ist. "III - Remember who you are" verkommt angesichts des hilflosen Stocherns im Nebel der eigenen Bandhistorie 2010 nur zur blutleeren Phrase eines Quartetts, das die Erinnerungen an die eigenen Wurzeln in den tiefsten Hirnwindungen vergraben zu haben scheint. Vielleicht ist die Zeit für einen ganz neuen Lebensabschnitt gekommen.

(Torben Rosenbohm)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Oildale
  • Let the guilt go

Tracklist

  1. Uber-time
  2. Oildale
  3. Pop a pill
  4. Fear is a place to live
  5. Move on
  6. Lead the parade
  7. Let the guilt go
  8. The past
  9. Never around
  10. Are you ready to live?
  11. Holding all these lies
Gesamtspielzeit: 44:40 min

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