Nas & Damian "Jr. Gong" Marley - Distant relatives
Def Jam / UniversalVÖ: 14.05.2010
Atempause
Nas hätte sich sein Jahr 2009 sicherlich auch schöner vorgestellt. Ein Jahr, in dem er einen Nackenschlag nach dem nächsten einstecken musste, und so manchen sicherlich auch selbst verschuldete. Zeit zur Besinnung nach diesem ganzen Durcheinander. Zeit, nach den Wurzeln zu forschen, dachte er sich wohl, nach dieser dreckigen Tabloid-Scheidung von Kelis. Nach diesen ganzen Anschuldigungen um vergessene Unterhaltszahlungen für das gemeinsame Kind und all den Gerichtsterminen. Auf der Suche nach sich selbst und seinen Vorfahren traf Nas zunächst auf Damian Marley, den jüngsten Sohn Bob Marleys, der sich für das Anliegen sofort begeistern konnte. In intensiver Zeit entstand die gemeinsame Platte "Distant relatives", auf der sich die beiden Musiker auf die Reise nach Afrika machen, zur Wiege der Menschheit.
Dieser Weltmusikbastard mit Gastauftritten unter anderem von K'Naan und Stephen Marley beginnt auch gleich ziemlich vielversprechend mit dem aggressiven "As we enter". Eine Kampfansage an alles Unbill auf dieser Welt, die die Latte für die weiteren Songs sehr, sehr hoch legt. Locker, leicht und als hätten sie jahrelang nichts anderes gemacht, schmeißen sich Nas und Damian Marley in diesem nur zweieinhalbminütigen Uptempomonster die Bälle und das Mikro hin- und her. So schön und beide Welten vereinend wie hier wird es allerdings nicht mehr. Auch wenn die Kollaboration zwischen diesen Big Playern ihres jeweiligen Genres oftmals gut funktioniert. "Friends" und "Dispear" wirken ähnlich leichtfüßig und selbstverständlich, erreichen aber nicht ganz den Druck von "As we enter". Und "Nah mean" ist der einzige Track, für den sich Marley komplett in Nas' Universum ziehen lässt, wodurch ein Hip-Hop-Song mit unwiderstehlichem Flow und leichtem Reggae-Einwurf ensteht.
Nas' Autorität schwindet jedoch mit der Zeit. "Distant relatives" vermittelt mehr und mehr den Eindruck, dass sich Nas hier weitestgehend auf den Kosmos eines Damian Marley eingelassen hat, der sich natürlich leichtfüßig in der Weltmusik, dem Dancehall und Reggae bewegt. Nas hingegen verschwindet immer weiter im Hintergrund. Und anstatt aggressive Kampfparolen in das Rund zu schmeißen, stimmt er in Marleys Weltverbesserungsmantra mit ein, an dessen Ende oftmals nicht mehr als dumpfe Parolen stehen. In "Strong will continue" heißt es da "Only the strong will continue / I know you have it in you", und "My generation" ist mit Kinderchor und ekelhaftem Du-kannst-alles-schaffen-wenn-du-nur-willst-Schmier der Höhepunkt der Grausamkeit. Nicht nur, weil Joss Stone in den Chor mit einstimmt. Sondern auch weil der höchst überflüssige Lil Wayne einen uninspiriert stumpfsinnigen Auftritt aufs Parkett legt und außer Plattitüden nichts zu bieten hat. Insgesamt ist es aber dieser übermäßige Reggae-Einfluss, der "Distant relatives" an einigen Stellen einfach das Genick bricht.
Nas' und Marleys Reise in den Schoß der Menschheit, zurück nach Afrika, mag eine hervorragende Idee gewesen sein. Und sicherlich ist "Distant relatives" für beide Künstler eine Herzensangelegenheit. Doch leider wirkt Nas oftmals wie ein Fremdkörper in diesem Universum. So ist das Album letztendlich eher etwas für aufgeschlossene Weltmusikfans und weniger für Hip-Hop-Puristen, die von Damian Marley schnell genervt sein dürften. Und Nas wartet 2010 immer noch aufs heilsame Durchatmen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- As we enter
- Nah mean
Tracklist
- As we enter
- Tribes at war (feat. K'Naan)
- Strong will continue
- Leaders (feat. Stephen Marley)
- Friends
- Count your blessings
- Dispear
- Land of promise
- In his own words (feat. Stephen Marley)
- Nah mean
- Patience
- My generation (feat. Joss Stone & Lil Wayne)
- Africa must wake up (feat. K'Naan)
Referenzen