Ceremony - Rohnert Park

Bridge Nine / Soulfood
VÖ: 18.06.2010
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Angemessen angepisst

Bruce Springsteen ist im Kommen. Schon seit längerem eigentlich. Und Bob Dylan und Neil Young gleich mit. Es ist ja nicht so, dass die drei Geheimtipps wären oder obskure Randruppenpolka spielen würden. Aber in den Köpfen der jungen Rocker, Emokids und Metalheads war lange kein Platz für Heartlandrock, Americana und den romantischen Kitsch, den die drei älteren Herren - stellvertretend für eine ganze Generation der klassischen amerikanischen Rockmusik - zu bieten haben. Aber nun bedienen sich Band wie The Hold Steady, Against Me!, Titus Andronicus oder The Gaslight Anthem seit einigen Jahren fröhlich bei Folklore, Gestus und Sound der angegrauten Helden. Warum also auch nicht mal eine Hardcore-Band?

Allerdings: Ceremony schmeicheln den Ohren wahrlich nicht. Auf den ersten Blick ist "Rohnert Park" ein schepperndes, krachendes und in sich zusammenstürzendes Flickwerk. Brutal wie Black Flag, chaotisch wie die Circle Jerks und kurz wie Zeke zappelt sich der Fünfer aus San Francisco durch 13 Songs. Der eher gemächliche Trommeleinstieg mit Ein-Akkord-Begleitung wiegt den Hörer zwei Minuten in trügerischer Sicherheit, dann geht es los. Angemessen angepisst, aber immer noch mit angezogener Handbremse zählt Sänger Ross Farrar uns nacheinander auf, was er so alles satt hat: "Sick of long boards / Sick of hardcore / Sick of baptists / Sick of atheists ..." und so weiter ad infinitum. Dass sich hinter so einem Noise-Brocken wie "Open head" ein hemdsärmeliges Arbeiter-Rock-Riff versteckt, offenbart sich erst nach einigen Durchläufen, nachdem die Dampfwalze ein paar Mal vorbeigerollt ist. Auf der ersten Hälfte von "Rohnert Park" zeigen sich immer wieder solche Classic-Rock-Anleihen, die trotz aller Härte ein heimeliges Gefühl entstehen lassen.

"The doldrums (Friendly city)" ist in seiner fluffigen Leichtigkeit schon fast ein Fremdkörper, aber eben auch Kontrastprogramm auf einer Platte, die dann zum Ende hin ein derartiges Tempo aufnimmt, dass es zunehmend schwerer wird, die Anleihen an die klassische´ Rockmusik auszumachen. Zu diesem Zeitpunkt hat "Rohnert Park" allerdings schon eine derartige Sogwirkung, dass man durch die Anderthalb-Minuten-Brecher auf der der zweiten Albumhälfte mit einem debilen Grinsen und befreiend aggressiven Kopfnicken durchhastet wie vom Hafer gestochen. Vor allem der Vierer aus "Back in '84", "All the time", "The pathos" und "Nigh to life" schreit sich in fünf Minuten mit einer Wonne die Stimmbänder kaputt, dass es eine Freude ist. Danach zur Beruhigung eine Runde "Born to run" oder "Nebraska", und die nächste Schlacht im "Rohnert Park" kann kommen.

(Maik Maerten)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Into the wayside part I / Sick
  • Open head
  • Back in '84

Tracklist

  1. Into the wayside part I / Sick
  2. M.C.D.F.
  3. Moving principle
  4. The doldrums (Friendly city)
  5. Open head
  6. Into the wayside part II
  7. Terminal addiction
  8. Don't touch me
  9. Back in '84
  10. All the time
  11. The pathos
  12. Nigh to life
  13. Into the wayside part III
Gesamtspielzeit: 35:44 min

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum