Blumentopf - Wir

Virgin / EMI
VÖ: 04.06.2010
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Exmatrikuliert

Erste Person Plural. Kaum ein Personalpronomen verursacht so viele Beißreflexe bei Intellektuellen und solchen, die es gerne sein wollen. Das "Wir" sind die Anderen, die Doofen, die, die am letzten stabilen Stuhlbein des Abendlandes sägen. Und jetzt Blumentopf mit ihrem sechsten Studioalbum. "Eins, zwei, drei, wir / Sind zurück im Revier." Nach vier Jahre Stille nun ein dezentes Beinchenheben. Dabei waren gerade Blumentopf eine der Bands, die sich gegen die naheliegenste Schublade gewehrt haben. "Studentenrap" ist für die einen eine Beleidigung, für die anderen eine Auszeichnung, für Blumentopf eine unnötige Kategorie. "Da stehen wir drüber wie Apostrophen."

Die Grenzmarkierung braucht es eigentlich nicht, denn auch im Jahr 2010 gibt es wenige Leute, die Wortspiele und Bilder mit so einer Geschwindigkeit ausspucken können. Da bleibt es kaum aus, dass die Spucke irgendwann knapp wird. Gerade am Anfang reihen sich die Reime zur Sinnlosigkeit auf der Kette wie in "Taschen voller Sonnenschein". Daneben stehen belanglose Songs wie "SoLaLa", die sich aus einzelnen Wortwitzen zusammensetzen. Das läuft meist für ein paar Minuten ganz gut, aber irgendwann ist es auch gut, denn die Pointe wird leider nicht neuer. Auch die Beats rumpeln gerade in der ersten Hälfte eher gegen den Flow. Erst mit der Zeit nimmt die Sache Fahrt auf, und "Fenster zum Berg" bockt auf einem Marschmusiksample. Da ist endlich mal eine Geschichte, die genug Stoff bietet und einen Fortschritt in sich trägt, da funktioniert der Humor zum ersten Mal ohne Momente, in denen er an der Oberflächlichkeit vorbeischrammt. Gab es vorher noch mit "Nerds" aufgeblasene Nettigkeiten, die mit dem Lächeln ringen, flashen sich die Zeilen in "Helping hand" mit Schwung durch den Rhythmus. Dass es auch so geht, war eigentlich schon sein "SystemFuck" klar, doch danach ploppt es leider erstmal Fehlermeldungen, selbst wenn diese live vielleicht schon wieder laufen könnten.

Blumentopf haben das Können, aber biegen zu oft in die Belanglosigkeit ab. Die einzige Katastrophe, die diesen ewigen Optimismus ein wenig brechen kann, folgt in "Sie tanzt die Nächte durch", das in seiner Kritik ein bisschen vorhersehbar ist. Macht es aber trotzdem nicht falscher. Natürlich werden auch bei "Wir" wieder genug Leute auf der Matte stehen, die von "HipHop für Leute, die keinen HipHop hören" sprechen. Mag sein, mag nicht sein, vorallem ist es Musik für Leute, die Aufmerksamkeit aufbringen können und sich am Sprachverdrehen erfreuen. Humor ist der wichtige Schlüssel, der hilft manche Durststrecke zu überwinden. Die Guten ins Köpfchen, den Rest ins Kröpfchen. Den Mantel des Schweigens auch noch drüber. Nur vorsichtshalber.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • SystemFuck
  • Fenster zum Berg

Tracklist

  1. SystemFuck
  2. Erzähl mir was
  3. Wir
  4. Taschen voller Sonnenschein
  5. SoLaLa
  6. Nicht genug
  7. Nerds
  8. Wach auf
  9. Ausmisten
  10. Mein Dein
  11. Hunger
  12. Fenster zum Berg
  13. Helping hand
  14. SuperEinfachSchwierig
  15. Sie tanzt die Nächte durch
Gesamtspielzeit: 51:53 min

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