Superpunk - Die Seele des Menschen unter Superpunk

Tapete / Indigo
VÖ: 04.06.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Mod und die Welt

"Mit dem Altern ist es wie mit dem Bergsteigen: Die Luft wird dünner, aber der Überblick besser." Fraglich, ob solch halbgare Weisheiten den Betroffenen auch nur ansatzweise Trost zu spenden vermögen. Immerhin: Superpunk-Sänger Carsten Friedrichs geht seit dem Album "Why not?" in die Offensive. Mit der stolzen Behauptung, er habe die frisch von der nachfolgenden Generation entdeckten Rockklassiker noch "Auf Tape", dem freimütigen Bekenntnis "Baby, ich bin zu alt" und Sätzen wie "Carsten ist mein Name / Noch ein Schnäpschen für die Dame". Charmebolzen vor dem Herrn sind die fünf Hamburger also nach wie vor - und es hat durchaus auch Vorteile, nicht mehr zu den ganz jungen Hüpfern zu gehören.

Das coole Wissen um ihre musikalischen Altvorderen kann ihnen jedenfalls niemand nehmen. Und so üben sich Superpunk auch auf ihrem fünften regulären Album unbeschwert im Zitieren, Hofknicksen und Beleihen. "Ford Escort" drückt direkt zu Anfang kräftig auf die "Louie, Louie"-Tube, und "Ich bin nicht so wie jeder andere auch" gibt sich genausowenig Mühe, die Anlehnung an "I'm not like everybody else" von den Kinks zu verbergen, wie der rührende Schulterklopfer "Wir alle lieben Dich, Daniela" mit der "A whiter shade of pale"-Orgel hinter dem Berg hält. Scharfe Gitarrenriffs und Uptempo-Beat von "Das waren Mods" verweisen wiederum überdeutlich auf The Whos "I can't explain".

Friedrichs steht alledem mit sonorer Stimme als unverwüstlicher Mod aus Überzeugung vor und ist dabei so unterhaltsam wie geistreich. Ob er nun eine Lady mit nebulösen Warnungen vor seinem unwägbaren Selbst zu becircen versucht, wie ein kleiner Junge mit großen Augen "In der Bibliothek" steht und sich ein Loch in den Bauch freut oder aber sich auch einmal tief unter der Grasnarbe der Tatsachen befindet - etwa auf der großartigen Single "Das Feuerwerk ist vorbei", einer mit Streichern und Uh-huh-Chören groovenden Antithese zu Peter Fox' "Haus am See", die das Klagelied der degenerierten Bourgeoisie singt. Erhabene Popmusik mit schiefem Humor und einem süffisanten "Die Welt ist schlecht, ich bin gut" im Mienenspiel.

Dass der Sound erneut weniger ungehobelt ausfällt als früher, liegt wahrscheinlich in der Natur der eingangs erwähnten Sache. Auch der alte Mischpult-Weggefährte Bernd Begemann wird eben nicht jünger und ist der Aufforderung "Können Sie das groß machen, bitte?!" vermutlich gerne nachgekommen. Zumal das "Punk" im Bandnamen ohnehin noch nie für groben Drei-Griffe-Lärm, sondern für eine Geisteshaltung stand: immer noch in Parkas rumlaufen, auch wenn das längst niemand mehr macht. Weekender besuchen, bei denen außer Vinyl nichts in die Tüte und auf den Teller kommt. Und nicht nur ein bisschen, sondern ganz viel Soul haben. Wenigstens letzteres trifft auf "Die Seele des Menschen unter Superpunk" zu - ein Album, mit dem man alt werden möchte. Wenn man es nicht schon ist.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ich bin nicht so wie jeder andere auch
  • Das Feuerwerk ist vorbei
  • Das waren Mods
  • In der Bibliothek

Tracklist

  1. Ford Escort
  2. Ich bin nicht so wie jeder andere auch
  3. Das Feuerwerk ist vorbei
  4. Alle lieben Dich, Daniela
  5. Up all night!
  6. Das waren Mods
  7. In der Bibliothek
  8. Rette Dich vor den einfachen Leuten
  9. Ich will heute nicht kämpfen
  10. Oh, dieser Sound
  11. Babylon forever
Gesamtspielzeit: 33:50 min

Im Forum kommentieren

juhu

2010-09-16 13:51:49

Gestern live gesehen, man hat das Spaß gemacht! Platten kosten übrigens nur 11 Euro!!

Der Mod

2010-08-25 14:32:59

Fluffiges Album, auf Tour gehen sie auch bald! Was will man mehr??

bartel(d.E.)

2010-03-23 08:55:10

halt die klappe, Horst.

bartel(d.E.)

2010-03-23 08:45:41

"Why not" ist besser als "A bisserl was..." ansonsten OKe Bewertungen von Bismarck.
fehlt noch:
Können Sie das gross machen bitte?! 8/10

logan

2010-03-22 23:02:27

Hübsche Anspielung auf Oscar Wilde.

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