Switchfoot - Hello hurricane
Atlantic / WarnerVÖ: 28.05.2010
Große Erwartungen
Theorie ist nur die halbe Wahrheit, entscheidend ist auf'm Platz. Diese alte Fußballerweisheit aus dem Ruhrpott lässt sich erstaunlich gut auf die Rockmusik übertragen. Denn was hat man sich nicht schon aufgeregt über all die vermeintlich genau gleich klingenden, seelenlosen Post-Grunge- und Alternative-Bands, die einen seit Jahr und Tag aus Richtung Amerika überschwemmen. Geschniegelte Jungrocker, die ständig die gleichen ausgelutschten Songstrukturen und Akkordfolgen herunterschrammeln und einem in belanglosen Texten irgendeinen spirituellen Inhalt vorgaukeln wollen. Und dann kommt eine Band wie Switchfoot daher, die in der Theorie zwar sämtliche der eben aufgezählten Negativkriterien erfüllt, aber in der Praxis trotzdem völlig eigenständig und vor allem authentisch klingt. Eine Band, der man die besungenen Emotionen und Textzeilen wie "I wanna live the rest of my life alive" gerne abnimmt. Woran mag das nur liegen?
Logisch zu erklären ist das jedenfalls nicht. Aber das ist die Liebe ja bekanntlich ebensowenig - die fällt halt einfach da hin, wo sie hinfällt. Was jetzt natürlich nicht heißen soll, dass der Rezensent heimlich für Sänger Jon Foreman und dessen schicke Frisur schwärmt. Eventuelle Gefühle beschränken sich in diesem Falle auf Foremans Songwriting, dem auf "Hello hurricane" der Coup gelingt, Althergebrachtes frisch und modern klingen zu lassen. Warum Switchfoot in den Vereinigten Staaten schon seit vielen Jahren eine richtig große Nummer sind, wird jedenfalls schnell klar, wenn sich tolle, gitarrenlastige Hymnen wie der Titelsong oder "Mess of me“ in die Gehörgänge bohren. Daneben verstehen es die Kalifornier aber auch, mit "Enough to let me go" eine Popnummer im besten Sinne auf die Beine zu stellen, die im hiesigen Radioprogramm sofort auffallen würde. Positiv, versteht sich. Und wenn dann sogar die unvermeidlichen Balladen erstaunlich unkitschig ausfallen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Zumindest theoretisch.
Aber wie man zumindest im Ruhrpott weiß, werden große Spiele auf dem Platz entschieden. Und da geht dem Quintett auf der Zielgeraden ein wenig die Puste aus: Nach dem rockigen "Bullet soul" schieben Switchfoot auf den letzten drei Songs eine doch arg ruhige Kugel. Auch wenn "Sing it out" und "Red eyes" im Grunde schöne Kompositionen sind, die an die guten Momente von Coldplay erinnern, ist der Schwung des Albums auf einmal dahin. Das schmälert aber natürlich keineswegs die Klasse des Großteils von "Hello hurricane". Wäre doch herrlich, wenn sich die Legionen amerikanischer Nachwuchs-Rockstars mal an Bands wie Switchfoot und wunderbaren Songs wie "Needle and haystack life" orientieren würden, anstatt sich schlechte Vorbilder wie Nickelback zu suchen. Das würde nicht nur helfen, Vorurteile gegenüber Genres abzubauen - es wäre auch in Bezug auf die Frisuren ein echter Fortschritt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Needle and haystack life
- Mess of me
- Hello hurricane
Tracklist
- Needle and haystack life
- Mess of me
- Your love is a song
- The sound (John M. Perkins' blues)
- Enough to let me go
- Free
- Hello hurricane
- Always
- Bullet soul
- Yet
- Sing it out
- Red eyes
Referenzen
Spotify
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