Crash Test Dummies - Oooh la la
EarMusic / EdelVÖ: 28.05.2010
Die M-Phobie
Über Brad Roberts' Verhältnis zum Buchstaben M ist nichts bekannt. Also können wir nur darüber spekulieren, ob der Crash Test Dummies-Frontmann jemals ein Gerichtsverfahren angestrengt hat, um den verhassten Nasal-Laut aus dem Alphabet verbannen zu lassen. Verständlich wäre es jedenfalls. Denn eben jener Buchstabe, vielfach aneinander gereiht, symbolisiert die ganze Misere, in der Roberts' Band seit den frühen Neunzigern steckt. Nachdem "Mmm mmm mmm mmm" auf beiden Seiten des Atlantiks ein Riesenhit wurde, schafften es die Kanadier nicht, etwas Adäquates nachzuliefern und müssen sich seitdem damit abfinden, auf One-Hit-Wonder-Compilations von Formatradiosendern zu erscheinen. Eine elende Welt ist das.
Nun sind seit dem letzten Lebenszeichen der verschrobenen Folkrocker ja auch schon wieder sechs Jahre vergangen. Aber interessiert das überhaupt noch jemanden? Alle Musikfreunde, die angesichts des Erscheinens von "Oooh la la", dem neunten Studioalbum der Crash Test Dummies, erstaunt feststellen, dass es die ja immer noch gibt, können sich damit trösten, nicht viel versäumt zu haben. Das beherrschende Element im Sound der Unfall-Probanden ist nach wie vor Roberts' tiefes Bassorgan, dessen grummeliges Nuscheln eine seltsam beruhigende Wirkung ausübt. Außen herum gibt es hauptsächlich sanft gezupfte Gitarren, leichte Schlagzeugbegleitung und vereinzelte elektronische Sprenkler, die aber niemals den minimalistischen Rahmen sprengen.
Es gibt auch Unterschiede zum früheren Schaffen der Crash Test Dummies: Über dem Album schweben ein etwas fröhlicherer Grundtenor und ein bedingt gewachsener Mut zum Risiko. Uptempo-Lieder wie "And it's beautiful" oder das swingende "Not today baby" könnten Fans aus "God shuffled his feet"-Zeiten in leichte Verwirrung stürzen. Wenn in "Now you see her" gar eine Big Band imitiert wird, steht die Welt der Crash Test Dummies für kurze Zeit kopf. Laut Roberts' Eigenaussage ist der gestiegene Wille zum Experimentieren auf seine neue Liebe für das Optigan zurückzuführen, eine Art Analog-Sampler, mit dem sich allerlei Unfug anstellen lässt. Etwa der ziemlich doofe Country-Verschnitt "What i'm famous for", der wie eine erzwungene Antithese zu all dem klingt, für das die Crash Test Dummies einst berühmt waren.
Letztlich sind es aber genau diese alten Stärken, die immer noch am besten funktionieren. Ein getragenes Folk-Mantra wie der Opener "Songbird" bildet einfach die ideale Umgebung für Roberts' Stimme. Derartige Musik passt 2010 natürlich kein bisschen ins Radio. Aber dorthin wollen die Crash Test Dummies wohl eh nicht zurück - das eine Mal dürfte ihnen schon genug Verdruss bereitet haben. Mmm.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Songbird
- The in-between place
Tracklist
- Songbird
- You said you'd meet me (In California)
- And it's beautiful
- Paralyzed
- The in-between place
- Not today baby
- Heart of stone
- Lake Bras d'Or
- What i'm famous for
- Now you see her
- Put a face
Referenzen
Spotify
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