The Dismemberment Plan - Change

DeSoto / Southern / EFA
VÖ: 29.10.2001
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Kunst des Gartenbaus

In einem guten Popsong steckt eine Menge Arbeit. Ideen müssen gesammelt, gehegt, gepflegt und regelmäßig gegossen werden, viel Geduld und Vertrauen werden in verschiedenen Phasen in den aufstrebenden Song gesteckt, damit er wachsen, gedeihen und sich entwickeln kann, bis er schlußendlich in voller Pracht erstrahlt. Ein weiterer wichtiger und oft unterschätzter Faktor ist das Zurückschneiden der Triebe: Mit viel Sorgfalt muß der emporstrebende Song im richtigen Moment an der richtigen Stelle zurückgeschnitten werden, damit er von der eigenen Last nicht erdrückt wird. Zu den großen Meistern des Songstutzens gehören zweifellos die jungen Männer von Dismemberment Plan. Die Komplexrocker aus Washington DC haben sich im Laufe der letzten Jahre eine unglaubliche Präzision angeeignet und trotzdem das nötige Feingefühl nicht verloren, ohne daß eine erfolgreiche Songaufzucht unmöglich wäre.

Ihre Ausrüstung ist perfekt geschliffen: Penibel abgestimmte Gitarren, ein lockerer, aber gut kalibrierter Rhythmusboden und messerscharfe Keyboards erleichtern die millimetergenaue Arbeit. Als Arbeitsbasis verwenden Dismemberment Plan genormte Indie-Rock-Setzlinge mit Seele, etwas verträumt vielleicht, aber blitzsauber und mit einem leichten Hang zur Melancholie, manchmal auch schwerere Gitarren oder überdurchschnittlich nervöse Schlagzeugparts. Doch auch die besten Voraussetzungen helfen nicht, wenn sich im falschen Moment der Mut aus dem Staub macht. Und genau hier liegt die Stärke von Dismemberment Plan. Beherzt und ohne falsche Hemmungen kappen sie Songs und leiten sie um, die andere noch Jahre hätten weiterwuchern lassen. Auf "Change" findet man Verästelungen vor, die man nicht für möglich gehalten hätte, die der auf den ersten Blick stark überzüchteten Struktur zum Trotz aber auch gelingen und schlüssig bleiben.

Refrains, die in komplett andere Richtungen schwenken, als man es eigentlich erwartet hätte, Tracks, deren Melodie sich mit seltsamen, aber wunderschönen Winkeln ihren Weg durchs Dickicht bahnen und plötzlich geradlinig nach vorne hasten sind hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Eine wundersame Überraschung jagt die nächste - so ist es keine Seltenheit, wenn man sich beim Staunen über einen vertrackten und komplizierten Schlagzeugpart ertappt und nahtlos in eine Verblüffung über den präzise und beinahe unbemerkt angesetzten Richtungswechsel rutscht. Dismemberment Plan scheuen sich nicht, mit Pinzette und Sezierbesteck die nötigen Korrekturen vorzunehmen, auch wenn die Manipulation am Song noch so arbeitsintensiv ist. Man hört und spürt es - hier sind Spezialisten am Werk, die bei jedem Arbeitsschritt wissen, was sie tun. Und nicht zuletzt genug Selbstvertrauen haben, um das theoretisch Mögliche auch in die Praxis umzusetzten.

(Adrian Schulthess)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Superpowers
  • Secret curse
  • Time bomb

Tracklist

  1. Sentimental man
  2. The face of the earth
  3. Superpowers
  4. Pay for the piano
  5. Come home
  6. Secret curse
  7. Automatic
  8. Following through
  9. Time bomb
  10. The other side
  11. Ellen and Ben
Gesamtspielzeit: 47:12 min

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