High Places - High Places vs. mankind

Thrill Jockey / Rough Trade
VÖ: 26.03.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Vor lauter Bäumen

Na, das ist doch mal eine Kampfansage. Keine aufbauschende Rede vor einer riesigen Anhängerschaft in martialisch-schwarzer Kleidung. Keine Gewaltausschreitungen, keine Demonstrationen, keine mit Wasser gefüllten Luftballons. Und kein pampiges Auftreten mit dem linken Fuß auf dem Boden, und erst recht kein Strampeln auf dem solchen. Nein, das haben High Places gar nicht nötig. So wie ihre Musik ist auch ihre ganz persönliche Botschaft an die Menschheit. Reduziert. In klaren Aussagen. "High Places vs. mankind" heißt ihr zweites Album, und was erwartet den Hörer und etwaigen Liebhaber ihres selbstbetitelten Debüts? Etwa eine vollkommene Neu-Erfindung? Temporeiche Melodien, lange Gitarren-Soli, pumpende Drums, nervenzerfetzender Gesang? Nicht doch, das will doch auch niemand.

Denn von Mary Pearson und Rob Barber lässt sich ausschließlich das genaue Gegenteil erwarten. Nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern durch einen wahren Irrgarten der Emotionen, untermalt von elektronischen Spielereien, feinfühligen Geräuschen, die man meint, in seinem alltäglichen Leben schon gehört zu haben. Die Liebe zum Detail und zu den Kleinigkeiten macht die Musik der High Places aus. Und derer bedienen sie sich auf dem neuen Album, wenngleich sich ein paar Feinheiten entscheidend verändert haben. Die Songs kommen rhythmischer daher, tanzbarer und weniger sperrig als so manch anderer mittlerweile heißgeliebter Lieblingssong vom Debüt. Pearsons Stimme gibt sich nach wie vor zurückhaltend, aber sie ist auch fordernder geworden. Pearson spielt jetzt mehr mit den Intonationen und nutzt ihre Stimmbänder als eigenständiges Instrument. So auch auf dem Opener "The longest shadows", der keine Zeit zu verlieren hat. Sofort geht es los, die Drums geben einen schnellen Marsch vor, und Pearsons Stimme scheint nachgerade über der Melodie zu schweben. Wer morgens aus dem Club kommt, müde getanzt und noch total berauscht , und sich dabei den perfekten Song für den Sonnenaufgang nach einer solchen Nacht wünscht - schöner wie hier kann er kaum klingen.

Dass Pearson und Barber auf merkwürdige Art naturverbunden sind, merkt man auch "The channon" an. Da prasselt der Regen, und bei geschlossenen Augen klingt es wie das Knistern von brennendem Holz. Und sonst? Nichts, nur eine kleine, aber feine Melodie, die sich auf zweieinhalb Minuten ausbreitet, bis es wieder vorbei ist. Vor dem geistigen Auge materialisieren sich förmlich die Körper der beiden mittlerweile in Los Angeles lebenden New Yorker, wie sie im Wald umherlaufen, auf der stetigen Suche nach neuen Geräuschen, die es musikalisch umzusetzen gilt. Aber nicht nur in der Ruhe liegt die Kraft: "Constant winter" trägt den Hörer schnellen Schrittes weiter in eine andere, dem CD-Cover sicher ähnlich grüne Welt, während Bass und Drum-Machine den Ton angeben. High Places verstehen es auch auf ihrem neusten Werk, ihre Melodien in sphärische Höhen gleiten zu lassen, und vermitteln den Eindruck, das Leben ihres jeweiligen Zuhörers mit wenigen Mitteln vertonen zu können. Und wenn Pearson im fast schon clublastigen "On giving up" singt "Tonight is the night", ist auch klar, dass damit nicht nur diese eine, sondern viele Nächte gemeint sein müssen - und jede einzelne ist die eine, bestimmte Nacht.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The longest shadows
  • Canada
  • Constant winter

Tracklist

  1. The longest shadows
  2. On giving up
  3. She's a wild horse
  4. The channon
  5. Canada
  6. Constant winter
  7. On a hill in a bed on a road in a house
  8. Drift slayer
  9. The most beautiful name
  10. When it comes
Gesamtspielzeit: 39:27 min

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