Foals - Total life forever
Transgressive / WarnerVÖ: 07.05.2010
Auf Pumpstation
Mathematik ist schon reichlich unsexy. Gleichschenklige Dreiecke, Kurven-Diskussionen - alles nicht halb so spannend, wie es sich zunächst anhört. Genausowenig wie Foals, die zuweilen dem Genre Math-Rock zugerechnet werden und sich die Gitarre unter die Achselhöhle klemmen, statt sie vor dem Gemächt baumeln zu lassen. Möchte man meinen. Doch was passierte? Die Scharen von Indie-Girls, die plötzlich Songs vom Debüt "Antidotes" hören wollten, machten jeden DJ zur Mädchentraube, und auch die hageren Jungs mit Seitenscheitel nickten unablässig mit dem Kopf. "Mathletics" trieb zu Höchstleistungen im Club an, "Cassius" boxte einiges aus den Schuhen. Weswegen man sich bei den Briten irgendwann auf die Schublade Dance-Punk einigte. Auch wenn diese genauso klemmte und hinkte wie die komplexen Songstrukturen und das spitze Fingerpicking.
Von hohen Erwartungen beirren lassen hat sich das Quintett angesichts dieses Volltreffers ins Konsenszentrum aber offenbar nicht. "Blue blood" eröffnet "Total life forever" mit einer kleinen Gitarrenmelodie und von fern herübergewehtem Gesang vielmehr betont behutsam. Nach eineinhalb Minuten befinden sich Foals dann aber nicht etwa passend zum Cover auf Tauch-, sondern auf funky Pumpstation. Anfangs fahren noch clever gesetzte Breaks und kurze, verzerrte Riffs dazwischen, doch "Miami" landet endgültig auf allen Vieren und auf der Tanzfläche. Der Groove schmatzt in wohligem Midtempo, zum DFA-Almabtrieb fehlen lediglich die Kuhglocken, und obwohl Robert Smith nirgends zu finden ist, hält er sich bestimmt irgendwo hier im Raum auf. Vielleicht sogar in der zuckenden Masse, die inzwischen wieder Betriebstemperatur erreicht hat.
War "Antidotes" also das Gegengift zum Kunstprodukt New Rave, handelt es sich bei "Total life forever" nun um die Retardkapsel für die Disco, die ihre Wirkstoffe mit Verzögerung, aber dafür größter Nachhaltigkeit über Hörer und Tänzer ausschüttet. "Black gold" etwa hält sich mit abgezirkeltem Basslauf, hintergründigen Beats und Hall auf der Stimme zunächst vornehm zurück, bevor die Schläge härter, die Gitarren zackiger werden und der Song plötzlich in den siebten Shoegaze-Himmel auffährt. Dazu singt Yannis Philippakis "The future's not what it used to be" und lacht sich dabei wahrscheinlich ins Fäustchen. Blick zurück nach vorn. "Spanish Sahara" braucht gar zwei Drittel seiner Gesamtlänge, bis es sich mit Keyboardgezirpe und angezogenem Tempo doch noch einigermaßen fürs Weggehen herausputzt.
"This orient" ist mit Trommelwirbel und Stakkato-Beat zwar auf den ersten Blick attraktiver aufgebrezelt, muss aber nach kurzer Zeit schon wieder nach Hause. Das fantastische "After glow" wirft danach noch einmal alles auf einen Haufen: Zündelnde Elektronik und fette Synth-Bässe glühen spannungsgeladen vor, und hinterher sitzt die ganze Band mit frenetisch pulsierenden Instrumenten in einer durchdrehenden Zentifuge. Auf den letzten drei Stücken schleicht sich "Total life forever" dann aus wie ein allmählich verrauchender Rausch, den man in vollen Zügen genossen hat. Und nach dem man schlauer ist: Als Foals damals Produzent Andrew David Sitek wegen übermäßiger Hallversessenheit aus dem Studio warfen, dachte man noch, die hätten keine Ahnung. Heute weiß man: Sie können es genauso gut. Vielleicht sogar besser. Mit denen ist zu rechnen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Blue blood
- Miami
- Black gold
- After glow
Tracklist
- Blue blood
- Miami
- Total life forever
- Black gold
- Spanish Sahara
- This orient
- Fugue
- After glow
- Alabaster
- 2 trees
- What remains
Im Forum kommentieren
maxlivno
2018-11-26 21:10:39
„What Went Down“ stehe ich unglaublich zwiegespalten gegenüber. Hit or Miss Album für mich
MopedTobias (Marvin)
2018-11-26 21:08:54
Blue Blood 9
Miami 9
Total Life Forever 9
Black Gold 10
Spanish Sahara 10
This Orient 8
Fugue -
After Glow 10
Alabaster 8
2 Trees 7
What Remains 8
Sehr ähnlich bei mir, auf jeden Fall ne 9. Und ein interessanter, unerwarteter Schritt nach der Antidotes.
maxlivno
2018-11-26 21:08:42
*2010er natürlich
nörtz
2018-11-26 21:08:20
„A Knife In The Ocean“ ist das, was „What Remains“ hätte sein können/müssen
Auch eine 10. Wir müssen auch mal das letzte Album hören.
maxlivno
2018-11-26 21:08:11
01.Blue Blood 9/10
02.Miami 7,5/10
03.Total Life Forever 8,5/10
04.Black Gold 10/10
05.Spanish Sahara 10/10
06.This Orient 5/10
07.Fugue -/-
08.After Glow 10/10
09.Alabaster 7,5/10
10.Two Trees 9/10
11.What Remains 7,5/10
8,5
Ich weiß tatsächlich nicht, ob das für die Top 30 2010 reicht. Denke eher nicht
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