
Ef - Mourning golden morning
ATS / CargoVÖ: 03.04.2010
Wieder-Gut-Machung
Es gibt Bands, die man kennt, verehrt, ja sogar liebt - und bei denen man der festen Überzeugung ist, dass sie sonst kein Mensch kennt, allenfalls einen einzigen Song vielleicht. Bei denen man sicher ist, dass niemand sonst solch tiefe Bewunderung empfindet wie man selbst. Für die man sein Mensa-Geld opfert, um das neue Album drei Wochen vor dem deutschen Release aus ihrem Ursprungsland bestellen zu können. Von denen man natürlich auch ein T-Shirt kauft und selbst dann noch trägt, wenn es längst verwaschen oder eine Nummer zu klein ist und Löcher in den Achseln hat. Deren Musik man Freund oder Freundin unentwegt vorspielt, um sie ihm oder ihr näherzubringen. Und die man dann nach der Trennung am meisten braucht, um zu vergessen, was er oder sie einem beim Schlussmachen noch mitgeben musste, etwa Schmähnungen wie "Besessenheit" oder "hysterisches Fan-Getue". Pah, alles Quatsch.
Und dann geht man einmal zu einem Konzert dieser Band. Sieht sich bereits in Gedanken mutterseelenallein vor einer Bühne stehen, auf der die Verehrten für einen einzigen Fan spielen müssen - einfach, weil sie nicht mehr haben. Immerhin kennt er alle Songs und vergießt immer wieder ein paar Tränchen, während er das mitgebrachte Ticket für den oder die Ex in der Hand zerknüllt. Doch betritt man die Halle, stehen da auf einmal ganz viele Menschen in verwaschenen, löchrigen Mini-Shirts und schauen ebenfalls verblüfft in die Runde. Damit hat dann doch niemand gerechnet. Und so eine Band waren Ef um 2003 oder 2004 herum auch einmal. Nach ihrem sensationellen "Give me beauty... or give me death" sowie "I am responsible" galten die Schweden lange Zeit als Geheimtipp in der Post-Rock-Gemeinde. Live immer wieder ein Erlebnis, zwar in ständig wechselnder Besetzung, aber stets nicht nur für die eine oder andere Überraschung, sondern auch für wahre Übersongs gut. Das gilt auch für die aktuelle, dreiköpfige Kernbesetzung. Und "Mourning golden morning" beginnt mit genau so einem Übersong.
"Escapade #1" hat es nämlich mächtig in sich, und jeder, dem es beim ersten Hördurchgang schlecht geht, wird danach vielleicht am Rande des Wahnsinns stehen. Aber Ef machen es gleichzeitig sofort wieder gut: Alte Wunden heilen, während der Opener langsam und von Streichern getragen seine ersten Töne von sich gibt - und dann schon wieder vorbei ist. "Sons of ghost" hingegen stampft sich mit Piano-Begleitung und mächtigen Drums ins Ohr und wird dabei immer wieder abgewürgt. Das genretypische Aufsteigen bis zur völligen Explosion kommt hier weniger überraschend, dafür um so sehnsüchtiger erwartet. In der gleichen Liga spielt das atmosphärische "Longing for colors", dessen stetiges Auf und Ab perfide mit den Emotionen des Hörers spielt. Zum Schluss liefern Ef dann mit "Alp lugens and beyond" eines der brachialsten und gleichzeitig stärksten Stücke des Albums ab, von E-Gitarren hinaufgetragen, vom wucherndem Schlagzeug begleitet, durch Stille unterbrochen und schließlich im Feuerwerk endend. Zum Teufel mit dem Ex, mit so einem Album lässt es sich auch alleine unter vielen bestens aushalten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sons of ghosts
- Longing for colors
- Alp lugens and beyond
Tracklist
- Escapade #1
- Sons of ghosts
- K-141 KYPCK
- Longing for colors
- Fyra
- 401-Lwa
- Alp lugens and beyond
Im Forum kommentieren
Leech85
2022-12-11 21:30:48
Wirklich? Interessant, ist mein Lieblingsalbum von Ihnen. Ist irgendwie genau meine Stimmung. Und alle Songs sind noch mehr auf die Atmosphäre getrimmt.
A Tailpeace löst bei mir vor allem gegen Ende immer extreme Gänsehaut aus.
Ich hatte bei den Alben am meisten Mühe mit Ceremonies.
Beefy
2022-12-11 19:23:30
Bis auf A Tailpeace stimme ich dir zu. Ist für mich der einzige enttäuschende Closer von ihnen. Finde aber abgesehen von Bear das ganze Album irgendwie komisch, keine Ahnung wieso.
Leech85
2022-12-11 17:34:17
Ja ist so. Immer das gleiche Problem beim Post Rock:)
Aber EF können Live alle Songs bringen denn viele sind für mich auf ähnlichem Niveau. Nur Bear, Helo Scotland A Tailpeace und Alp Lugens ragen für mich noch etwas mehr raus.
Beefy
2022-12-11 17:18:48
Oh ja. Allerdings fehlen auch viele All Time Favorites von mir. Ist aber in einem Konzert auch unmöglich, alle ihre grossartigen 10-Minüter unterzubringen :)
Leech85
2022-12-11 17:05:26
Geile Setlist!
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