CocoRosie - Grey oceans

Souterrain Transmissions / Sub Pop / Cooperative / Universal
VÖ: 30.04.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Die widerspenstige Zähmung

Musik der Spätmoderne in ihrer expressionistischten Form ist oftmals nicht viel mehr als ein Zusammensetzen von Alltagsklängen und Geräuschen, die beim ersten Hören scheinbar bedeutungslos nebeneinander stehen. Da schreien auf einmal Müllabfälle, da werden Gebete in Scherben eingeritzt, und alles beginnt zu quietschen. Es zerrt, manchmal auch an den eigenen Nerven. So könnte eine angemessene Zustandsbeschreibung für das künstlerische Schaffen der Casady-Schwestern Sierra und Bianca lauten. CocoRosie offenbaren auf ihrem vierten Album "Grey oceans" jedoch nicht mehr ganz so viel Flexibilität wie noch auf "The adventures of Ghosthorse and Stillborn", sondern verschmelzen verschiedene Elemente. "Grey oceans" wirkt fokussierter als alles zuvor.

Die neue Übersichtlichkeit steht CocoRosie sehr eindrucksvoll zu Gesicht. Das Album glänzt jedoch nicht nur durch die beiden, schon längst routiniert eingespielten Schwestern. Hier ergänzt sie der französische Jazzpianist Gael Rakotondrabe. Dadurch reduzieren sich die Hip-Hop-Anleihen im Vergleich zum Vorgänger. Vielmehr dominiert eindeutig das Klavier. Hervorragend inszeniert sind neuerdings Versatzstücke der Cherokee-Indianer, so dass aus Elfen kleine Indianerjungfrauen werden, die in verwunschenem Felslandschaftsdekor vor sich hin quäken. Unschuldig und teils nur spärlich instrumentiert. Die Friedenspfeife ersetzt das Ecstasy und die Klarheit die verschrobene Brechung.

Doch ganz so einfach steht's um CocoRosie nun nicht. Man muss dazu nicht einmal die Zwischentöne beachten. Erst kommt das Pianogeklimper von "Hopscotch" daher, ein rasendes, harmlos naives Kinderliedchen, das sich bestens in lockere Baratmosphäre einpassen könnte, wäre es nicht so einfach gestrickt. Unmittelbar im nächsten Stück geht das infantile Geträller in schwere Drones, Klarinettenklänge und in einen Cherokee-Vortrag über, bevor in diesem Stück der Tod in Gestalt des "Undertakers" den gebannten Hörer quasi entgegenspringt: "Under what spell the guarding light be took the undertaker / Under his gaze did fall search evil blunder." Da wird es erst einmal sehr, sehr düster. Spätestens eine Viertelstunde später ist man dann dem Tod von der Schippe gesprungen. Der Refrain der Vorabsingle "Lemonade" ist zu harmonisch, esoterisch und süß, um den Sensenmann zu gefallen.

Das Album scheppert gebetsmühlenartig zu Ende, wobei Gebet und mühlenartig sogar getrennt zutreffen. Das letzte Stück "Here I come" mutet wie ein Mantra an. Man weiß zwar nie, an wen es gerichtet ist und in welche spirituellen Sphären es abhebt, doch die Spoken Words sind ein wohltuender Ausklang. Natürlich dreht sich die Experimentierfreude bei CocoRosie ständig weiter, ohne jemals anzukommen. Es ist die Auslassung des Widerborstigen, die auf "Grey oceans" beeindruckt. Und jetzt eine Runde Plumpsack.

(Carsten Rehbein)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Undertaker
  • Lemonade

Tracklist

  1. Trinity's crying
  2. Smokey taboo
  3. Hopscotch
  4. Undertaker
  5. Grey oceans
  6. R.I.P. burn face
  7. The moon asked the crow
  8. Lemonade
  9. Gallows
  10. Fairy paradise
  11. Here I come
Gesamtspielzeit: 46:55 min

Im Forum kommentieren

Werevolve

2018-07-30 10:49:31

Wer diesen Song nicht liebt

virginia

2010-08-15 20:00:35

Wie groß Coco Rosie sind weiß ich nicht. Sie gehören jedoch schon länger zu den eher bekannten Bands.

@lastfm

2010-08-15 19:33:20

wow, das wusste ich gar nicht. naja, dann wirds wohl nix mit dem konzert, auf die crowd habe ich echt kein bock. schade.

@kaisi

2010-08-15 19:28:03

muffathalle münchen ist ein ähnliches kaliber.. sauerei!

last.fm

2010-08-15 19:28:00

Maximo Park: 20.969.216 Mal gespielt
CocoRosie: 19.274.545 Mal gespielt

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