The Ocean - Heliocentric

Metal Blade / SPV
VÖ: 09.04.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Kollektiver Taumel

Aus. Ende. Vorbei. Mit dem Rausschmiss aus dem Wohn- und Probebunker "Oceanland" und dessen anschließendem Abriss war nur kurz nach dem famosen Album "Precambrian" die Kreativzelle des vielzitierten Musikerkollektivs The Ocean dahin. Und als sollte der Begriff "Zäsur" in einer Bandbiographie neu definiert werden, folgte der Umzug in die Schweiz und normalerweise übliche Besetzungswechsel, insbesondere durch den neuen Sänger Loic Rossetti. Nur dass plötzlich das Line-Up durch Bandkopf Robin Staps als stabil deklariert wurde. Alles neu also?

Bewährt bleibt zunächst, dass ein The-Ocean-Album immer mehr ist als nur ein Stapel Songs. Nach dem gefühlten Doppelalbum "Precambrian" darf es diesmal dann auch ein Zyklus aus zwei Platten sein. Beginnen darf "Heliocentric", welches die Historie selbigen Weltbildes betrachtet - bekanntermaßen hatte ja das Christentum, insbesondere dessen Vertreter in Rom, seine liebe Not mit der Vorstellung, dass eben nicht die Erde im Zentrum des Universums steht. Dabei den Bogen von frühbiblischen und apokryphen Beschreibungen der Bewegung der Himmelskörper über vermeintliche Ketzer wie Giordano Bruno bis hin zum Fundamentalatheismus eines Richard Dawkins zu schlagen, ohne sich dabei vollends zu verzetteln, ist an sich schon Kunst. Vor allem aber deshalb, weil es Robin Staps gelingt, das Ergebnis nicht wie ein Hörbuch erscheinen zu lassen.

Dennoch dürften sich zahlreiche alte Anhänger ähnlich vor den Kopf gestoßen fühlen wie der Papst bei der Lektüre der Schriften von Kopernikus und Galilei. Denn was ist das? Wo sind die ruppigen Riffs, gar das Geballer aus "Aeolian"-Zeiten? Stattdessen klassische Instrumente, ruhige, sphärische Passagen und überwiegend clean gesungene Vocals. Wenn Neu-Sänger Rossetti denn einmal brüllen darf, dann mit Gespür für Spannungsbögen, was beispielsweise "Firmament" oder aber "The origin of species" mal eben in die Klasse von Opeth hebt.

Klar, der vorherige Sänger Nico Webers ist aus freien Stücken gegangen, doch es ist unverkennbar, dass die größere stilistische Bandbreite von Loic Rossetti danach schreit, von Staps mit adäquaten Songs gefüttert zu werden. Der Ambient-Soundtrack-Doomrock der stürmischen Anfangstage ist Geschichte, doch The Ocean schaffen es tatsächlich, sich - Achtung, Phrasenschwein! - neu zu erfinden und als erwachsen gewordene Band anzukommen. Im übrigen Dank jeder Menge Gastmusiker mit nach wie vor reichlich Gedränge im Studio. Das Kollektiv ist tot, es lebe das Kollektiv.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Firmament
  • Epiphany
  • The origin of species

Tracklist

  1. Shamayim
  2. Firmament
  3. The first commandment of the luminaries
  4. Ptolemy was wrong
  5. Metaphysics of the hangman
  6. Catharsis of a heretic
  7. Swallowed by the Earth
  8. Epiphany
  9. The origin of species
  10. The origin of God
Gesamtspielzeit: 50:46 min

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