Slash - Slash

Roadrunner / Warner
VÖ: 09.04.2010
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Pfeffer in der Dose

Promischeidungen nehmen mitunter bizarre Auswüchse an. Als sich Slash und Axl Rose vor rund 15 Jahren die Liebe endgültig aufkündigten, konnte ja keiner ahnen, welche Spätfolgen dieser Split für die beiden Charismatiker von Guns N' Roses haben sollte. Während der eine munter einfach weitermachte, zunächst mit dem Snakepit und dann mit Velvet Revolver, sollte der einsame Axl Rose am längsten und teuersten Witz der Musikgeschichte arbeiten. Nur um danach wieder unterzutauchen. Und er ward nicht mehr gesehen. Slash war damit endgültig als guter Bube aus dieser Trennungsgeschichte herausgekommen.

So hat Slash bis heute etwas, das Axl schon seit Ewigkeiten nicht mehr hat: Freunde. Der Mann braucht nur mit dem Finger zu schnippen, und schon sind sie da, die Lemmys und Iggys, die Fergies, Adams und Andrews dieser Welt. Wenn Axl mit dem Finger schnippt, dann bewegt sich nur das Botox in den Bäckchen. Wohl und Wehe von Slashs erstem richtigen Soloalbum hängt also von den Sängern und den dazugehörigen Songs ab. Denn dass an Slashs Gitarrengegniedel natürlich rein gar nichts auszusetzen ist, versteht sich ja wohl von selbst. Das ist einfach immer noch mit das Beste, was es in dieser Galaxie zu haben gibt. Die Kollaborationen hingegen funktionieren manchmal hervorragend, manchmal eben aber auch nicht.

Auf "Slash" ist es gerade die alte Garde, der etwas die Luft ausgeht. "Doctor Alibi" mit Lemmy von Motörhead wirkt ein wenig schwach auf der Brust. Wahrscheinlich fanden sie Aufnahmen einfach zu früh, schon vor dem fünften Glas Whiskey statt. Dann kann das natürlich auch nichts werden. Ozzy Osbourne wirkt noch etwas kraftloser. Den Bodensatz bildet aber ganz verblüffend "We're all gonna die", der Abschlusstrack mit Iggy Pop, der mit infantilen Punk-Gesülze á la "Pee on the ground / And jump around" einfach nur wie eine Karikatur seiner selbst wirkt. Da ist der gute Mann einfach an den hohen Erwartungen, die die Namen Slash und Iggy Pop evozieren, kläglich gescheitert. Ebensowenig nach Plan verläuft Chris Cornells Rehabilitierung nach dessen letztjährigem Griff in Timbalands Klo. Auch wenn sich Cornell wieder auf dem Weg der Genesung befindet. Vollkommen wurscht hingegen sind die Kollaborationen mit Adam Levine von Maroon 5 und Kid Rock. Das geht zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus. Und dazwischen passiert nichts. Bis auf - eben - Slashs Gitarrengigantomanie, die jeweils doch noch das Optimum herauskitzelt.

Die Jüngeren sind es, die noch dem Tempo von Slashs Fingern folgen können, ohne sich dabei vor Staunen auf den Hosenboden zu setzen, inklusive einiger positiver Überraschungen. Der Name Fergie lässt zum Beispiel erst einmal Böses erahnen. Und tatsächlich, bei "Beautiful dangerous" schweifen die Gedanken zunächst in Richtung Jeanette Biedermann ab, der selbsternannten Rockröhre. Doch spätestens der Refrain, dessen Melodie übrigens teilweise bei Lady Gagas "Paparazzi" geklaut ist, erweist sich als Schlag ins Gesicht einer gewissen Courtney Love, die sicherlich gerne noch einmal so wollen würde, aber einfach nicht mehr kann. Ebenso positiv ist Myles Kennedy, der nach einem beherzten Griff ins Gemächt die höchsten Töne erreicht, so wie es sich für einen richtigen Hard-Rock-Song alter Schule gehört. Der Sänger von Alter Bridge macht "Starlight" zu einem etwas skurrilen Höhepunkt. Skurril, weil der Hörer sich irgendwie dafür schämen müsste, diesen klischeegewordenen Track aus längst vergangenen Tagen gutzufinden. Aber er sitzt. Auch "Ghost" mit Ian Astbury von The Cult und Avenged Sevenfolds M. Shadows' "Nothing to say" können sich sehen lassen.

Die Sternstunde auf "Slash" ist aber die Zusammenarbeit mit Andrew Stockdale von Wolfmother. Stockdale gibt "By the sword" einfach das, was der Song braucht: Die gewisse Coolness, dieses Gefühl, dass das Stück einfach genau so gelungen ist, wie es sein sollte. Und natürlich diese grandiose Stimme, die mit Slashs Gitarrenspiel eins wird und den Song ganz nach oben treibt. "By the sword" wirkt herrlich unangestrengt und funktioniert gerade deswegen hervorragend. Und zeigt, wohin es mit Slashs erstem Soloalbum hätte gehen können, wenn Songs und Sänger manchmal besser zueinander gepasst hätten. So bleibt "Slash" nur auf Augenhöhe mit "Chinese democracy". Axl werden aber schon die Schweißperlen im Gesicht stehen. Denn Slash kann auch ohne ihn. Andersherum bleiben die Zweifel.

(Kai Wehmeier)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • By the sword (Feat. Andrew Stockdale)
  • Starlight (Feat. Myles Kennedy)

Tracklist

  1. Ghost (Feat. Ian Astbury)
  2. Crucify the dead (Feat. Ozzy Osbourne)
  3. Beautiful dangerous (Feat. Fergie)
  4. Back from Cali (Feat. Myles Kennedy)
  5. Promise (Feat. Chris Cornell)
  6. By the sword (Feat. Andrew Stockdale)
  7. Gotten (Feat. Adam Levine)
  8. Doctor Alibi (Feat. Lemmy Kilmister)
  9. Watch this (Feat. Dave Grohl & Duff McKagan)
  10. I hold on (Feat. Kid Rock)
  11. Nothing to say (Feat. M. Shadows)
  12. Starlight (Feat. Myles Kennedy)
  13. Saint is a sinner too (Feat. Rocco De Luca)
  14. We're all gonna die (Feat. Iggy Pop)
Gesamtspielzeit: 57:18 min

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