Dirty Sweet - American spiritual
Acetate / CargoVÖ: 09.04.2010
Früher war alles Rock
Irgendwann kommt alles wieder zurück. So schlimm es ist, aber diese Binsenweisheit hat eine Trefferquote wie sonst nur "Früher war alles besser" oder "Auch kluge Enten scheißen in den Teich" (zumindest im wörtlichen Sinn). Ob es die Rückkehr der Schlaghosen, Yes-Törtchen oder karierter Hemden ist: Eltern oder andere Besserwisser haben es ja immer schon gewusst. Auch in der Rockmusik macht sich immer wieder das Kennen-wir-doch-irgendwoher-Gefühl breit. Dirty Sweet haben zum Beispiel ganz tief in den 70ern gewühlt. Anders als Wolfmother und Konsorten bedienen sich aber mit viel Spielfreude auch bei den folgenden Jahrzehnten Rock'n'Roll.
Die bluesigen Gitarrenriffs und den warmen Gitarrensound haben sie sich von Led Zeppelin und Deep Purple abgeguckt. Anstatt aber auf deren monströsen Wuchtrock zu setzen, bringen Dirty Sweet eine unüberhörbare Punk-Attitüde mit. Hätte Davey Havoc sein Haus nicht irgendwann pechschwarz gestrichen, sondern ein Kreuz auf dem Dach montiert und einen Gospelchor gegründet, könnten AFI heute mit langen Haaren auf der Bühne stehen und sich mit Dirty Sweet verbrüdern. Gerade die schnelleren Songs auf "American spiritual" strotzen vor übermütiger Energie. Der grandiose Einheizer "Rest sniper, rest" geht spätestens ab dem entfesselten Refrain als veritable Punkrock-Hymne durch und begeistert in der Strophe mit catchy Gesangsmelodien, verspielten Gitarrenlicks und ständigen Tempowechseln.
Grundsätzlich scheren sich die vier Amerikaner aber nicht groß um Genregrenzen oder ähnliche Einschränkungen. Blues, Gospel, Classic Rock, Rock'n'Roll und eben Punkrock: "American spiritual" ist ein Schmelztiegel dessen, was sich mit Gitarre, Schlagzeug und Bass anstellen lässt, klingt nach Wolfmother und Led Zeppelin, The Loved Ones und Counting Crowes, Blues Brothers und Kings Of Leon - nacheinander oder gleichzeitig. Und dabei ist die Band schlau genug, die Songs nicht im Riffgewitter untergehen zu lassen, sondern auch dem Schlagzeug und insbesondere der Bassgitarre einen prominenten Platz einzuräumen. Songs wie das vom Viersaiter vorwärts getriebene, sehr perkussive "You've been warned" oder die bitter-süße Halb-Akustik-halb-Abriss-Nummer "Star-spangled glamour" profitieren von dem gleichberechtigten Nebeneinander dieser Instrumenten-Demokratie.
Zusammengehalten wird die rockmusikalische Tour De Force durch den sehr souligen Gesang von Ryan Koontz, der sich in perfekter rhythmischer und harmonischer Symbiose mit den Instrumenten durch die Songs arbeitet und deren Innerstes nach außen kehrt wie ein junger Robert Plant. Vielleicht war früher doch einiges besser.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Star-spangled glamour
- Kill or be killed
- Crimson cavalry
Tracklist
- Rest sniper, rest
- You've been warned
- Star-spangled glamour
- Get up, get out
- Please beware
- An empty road
- Kill or be killed
- Marionette
- Crimson cavalry
- You don't try
- American spiritual
Referenzen