You Me At Six - Hold me down
Virgin / EMIVÖ: 19.03.2010
Der springende Punk
Pop-Punk. Was für ein böses, böses Wort. Vor dem geistigen Auge tauchen Hanswurste wie Simple Plan auf. Mit Lidschatten und Haargel kunstvoll auf provokant-böse gestylte Durchschnittstypen, die abseits der Bühne nicht mal der 82-jährigen Oma von nebenan Angst einjagen könnten. Dazu zahmste Poprockmusik, die ungefähr so sehr Punk ist wie Marc Terenzi ein harter Metaller. Dabei handelt es sich doch nur um ein Kategorisierungs-Problem. Irgendeine Flachzange aus dem Business meinte womöglich irgendwann einmal, dass sich mit Konstrukten wie Pop-Punk sowohl die 14jährigen Mädels, die in Castingshows kreischend in der ersten Reihe stehen, erreichen lassen, als auch die 16-jährigen rebellischen Jungs, die durch Posergehabe bei selbigen landen wollen - und schon haben wir den Salat. Dabei würden nicht nur Simple Plan davon profitieren, wenn man den Punk aus ihrem Kontext entfernen würde. Auch You Me At Six werden ihrer Genrebezeichnung wegen anfangs mit völlig falschen und überzogenen Erwartungshaltungen konfrontiert.
Denn der Sound, den die Engländer auf ihrem zweiten Album "Hold me down" präsentieren, ist hymnisch, rockig, melodisch und noch so einiges mehr - aber garantiert nicht punkig. Das hätte man doch auch von Anfang an so rüberbringen können, dann wäre der Rezensent nicht verkrampft vor der Stereoanlage gesessen und hätte nach dem wütenden, geknüppelten Element gesucht, das bei echten Punkern doch irgendwann einmal kommen muss. Es kommt aber nicht. Stattdessen kommen durchdachte, wenn auch simpel gehaltene Rocknummern, die vor allem im Refrain großes Geschütz auffahren. Die Gottheiten, denen You Me At Six huldigen, heißen Melancholie und Melodie und wohnen im Emo-Olymp Tür an Tür. Das klingt jetzt auf dem Papier kaum besser als die knappe Genrebeschreibung "Pop-Punk" - ist es aber.
"The consequence" eröffnet die Platte mit vergleichsweise deftigem Riffing, kommt aber trotzdem zügig auf den melodiösen Punkt. Eine waschechte Hymne, für die der Daumen schon mal nach oben geht. Spätestens wenn direkt danach "Underdog" im Refrain einen eindringlichen, von Disco-Beat untermalten Klagegesang anstimmt und "Playing the blame game" mit Fingergeschnippe und zackigem Beat die Seitenlinie herunterstürmt, ist die Richtung klar, die das Quintett aus Surrey über die komplette Albumlänge beibehält. Ab und zu nimmt das Orchestergejaule im Hintergrund Überhand, und ein paar Akkordfolgen und Songstrukturen wirken zu vorhersehbar und zerstören so die Wirkung der Musik - als Paradebeispiel für letzteres sei hier das dröge "Liquid confidence" genannt. Das ist halt das Pop-Element im Pop-Punk. Dass "Hold me down" trotzdem alles andere als schlechte Unterhaltung ist - ist das nicht schon wieder total Punk?
Highlights & Tracklist
Highlights
- The consequence
- Take your breath away
- Contagious chemistry
Tracklist
- The consequence
- Underdog
- Playing the blame game
- Stay with me
- Safer to hate her
- Take your breath away
- Liquid confidence
- Hard to swallow
- Contagious chemistry
- There's no such thing as accidental infidelity
- Trophy eyes
- Fireworks
Im Forum kommentieren
ben
2010-08-05 10:42:34
naja, ich finds nicht soo dolle. Also kann man schon hören, aber Kids in Glass Houses gefällt mir da schon besser.
Da ich aber "The Consequence" schon irgendwie geil finde, würde ich jetzt mal 5/10 geben.
bum.
2010-03-22 14:29:19
Sehr coole Scheibe haben sie da aufgenommen und das ist definitiv besser als alles, was sie vorher gemacht hatten.
Klingt ähnlich wie 'Kids In Glass Houses', die mit ihrem neuen Album 'The Dirt' übrigens auch was mehr als Ordentliches hingelegt haben.
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- You Me At Six - Night people (2 Beiträge / Letzter am 30.01.2017 - 21:20 Uhr)
- You Me At Six - Cavalier youth (1 Beiträge / Letzter am 27.01.2014 - 20:22 Uhr)
- You Me At Six - Hold me down (2 Beiträge / Letzter am 05.08.2010 - 10:42 Uhr)