The Mighty Stef - 100 midnights

Tonetoaster / Al!ve
VÖ: 05.03.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Murphy's low

Stefan Murphy ist mit allen Wassern gewaschen. Und mit Whiskey sowieso. Das merkt man spätestens, wenn der Dubliner mit gegerbter Stimme seine Songs vorträgt, in denen es unter anderem um die Sehnsucht geht, die Weltmeere zu bereisen. Nicht, dass er das jemals in die Tat umgesetzt hätte. Wie auch, wenn er sich seit Jahren als Musiker durchschlägt? Zunächst als Mitglied der Pop-Punks The Subtonics, die es trotz aufsehenerregender Guerilla-Liveauftritte Zeit ihres Bestehens nicht einmal zu einem Plattenvertrag brachten, und seit "The sins of Sainte Catherine", seinem Debüt als The Mighty Stef, auch auf eigene Rechnung.

Den heimischen Folk kann und will Murphy dabei zu keiner Zeit verleugnen, hinzu kommen eine Vorliebe für Punk und schwerzüngige Seemannslieder sowie eine Schippe Country. Idealer Nährboden für die Schwermut, das Seelenwunde - vielleicht sollte man einfach sagen: den Blues - in Stimme und Texten. Und sei es nur anlässlich der Tretmühle Arbeitsalltag, aus der oftmals nur der Weg nach "Downtown" herausführt, weil man sich da kräftig einen hinter die Binde kippen kann. Perfiderweise zitiert der gleichnamige Midtempo-Opener mit hochprozentiger Träne im Knopfloch ausgerechnet die Gesangsmelodie von Alphavilles "Forever young" und mündet doch in einen rauen, aber herzlichen Refrain zwischen Trauer und feuchtfröhlicher Party. The Mighty Stef kennt eben seine Pappenheimer.

"Golden gloves" beklaut zunächst den Champs-Heuler "Tequila", um dann in eine grobe Stampf-Variante des "Folsom Prison blues" umzukippen. Das Duett "Safe at home" zeigt Murphy in der Rolle eines Halbwüchsigen, der die harte Schule des Lebens durchläuft: Auf der Straße wird sich geprügelt, die Freundin erhängt sich aus Frust, und Dad hat ohnehin schon längst das Weite gesucht. Geradezu tragisch reden Protagonist und Pogues-Bassistin Cait O'Riordain als desillusionierte Rabenmutter hier aneinander vorbei - und derart herzzerreißend bleibt der Song selbst in seinem rohen Punkrock-Finale. Dem Vater, der im Titelstück seinen verstorbenen Sprössling beweint, geht es nicht besser, was ihn jedoch nicht daran hindert, mit fatalistischem Ingrimm eine Art versoffene Balkan-Folk-Hymne zu singen.

Doch nicht alles hier ist Verderben und Verzweiflung. Bei "Hound dogs of love" heult Murphy mit seiner Liebsten lüstern den Mond an, und auch das Geständnis "I swear I have no feeling for that girl" wird ihm seelisch eher wenig zu schaffen gemacht haben. Am besten ist "100 midnights" aber dann, wenn es die dunkelste Nacht durchschreitet, nach Auswegen aus den Mausefallen sucht und diese zumeist auch irgendwie findet. Nur bei der Warren-Zevon-Coverversion "Waitin' around to die" mit Grölpartner Shane MacGowan ist alles zu spät. Zum Glück nur kurzzeitig, denn Murphy hat noch viel vor. Zur See wird er in diesem Leben womöglich nicht mehr fahren - in seiner Badewanne ist The Mighty Stef aber genauso unbestritten Kapitän wie auf diesem tollen Album.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Downtown
  • Safe at home (feat. Cait O'Riordain)
  • Golden gloves
  • 100 midnights

Tracklist

  1. Downtown
  2. Safe at home (feat. Cait O'Riordain)
  3. Kings of New York
  4. Golden gloves
  5. Hound dogs of love
  6. Come over to the darkside
  7. 100 midnights
  8. Sunshine serenade
  9. I swear I have no feeling for that girl
  10. Nelligans guts
  11. Russian roulette
  12. Waitin' around to die (feat. Shane MacGowan)
  13. A pretent sailors goodbye
Gesamtspielzeit: 55:47 min

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