Bush - Golden state
Atlantic / Eastwest / WarnerVÖ: 29.10.2001
Come as you were
Die Synthesizer wurden eingemottet, die Gitarren jaulen wieder, und Gavin Rossdale gibt immer noch den Grunge-Schnuckel. So weit, so gut. Auf ihrem vierten Album zeigen sich Bush jedenfalls wieder von ihrer kratzigeren Seite. "Golden state" atmet die rauhe Luft der Anfangszeit. Wer auf dem gewagten, aber letztlich doch enttäuschenden Vorgänger "The science of things" die gestenreichen Hymnen vermißte, die das selige Grunge-Völkchen stets die Arme recken ließen, darf sich wieder freuen. Aber der Vierer von der Insel macht es seinen Anhängern so einfach nicht. Wer nämlich glaubt, daß es sich um eine Wiederkehr der Hit-Blaupausen des Debüts "Sixteen stone" handelt, verschätzt sich um genau ein Album. "Razorblade suitcase", der Zweitling, ist es nämlich, welcher seine Wiederhaken und Rasierklingen hörbar ausfährt.
Schon die krachige Single "The people that we love" freut sich eher am Lärm als an der Melodie, auch wenn Rossdales Händchen für leidenschaftliche Tonfolgen immer noch für das gewisse Etwas sorgt. Dieses Etwas bedeutet hier: Breitwand-Grunge ohne große Schnörkel, aber mit um so viel mehr Seele. Die alten Tugenden also. Fast zerbrechlich fließen die Gitarren zusammen, treiben von einer Stromschnelle zur nächsten und münden schließlich in einer noisigen Flutwelle, auf der Rossdale reitet und seine Hooks auswirft.
Wenn Rossdale fragt "Where is my head? / Where are my bones? / Can you save me from myself?", überträgt sich seine Verwirrung allerdings zunächst auch auf sein Publikum. Langsam nur entfaltet sich der Reiz, der sich zwischen den Ecken und Kanten versteckt hält, bis man endlich gewisse Harmonien und Rhythmen als alte Bekannte wiedererkennt. Die trockene Produktion von Dave Sardy (Marilyn Manson, System Of A Down) inszeniert Bush dabei als Schönheit aufs zweite Ohr. Die bewußt reduziert gehaltenen Riffs aus "Fugitive" oder dem Kracher "Hurricane" und vor allem die kraftvollen Melodien aus "Head full of ghosts" oder "Float" bekommen so genug Sprit, um den Motor von "Golden state" ans Laufen zu bringen.
Noch bevor das Getriebe anfängt zu knirschen, packen Bush ihr Schmiermittel aus. Statt "Glycerine" setzt es mit "Inflatable" diesmal eine zärtliche Hymne, die ganz knapp am Kitsch vorbeischrammt. "You're so pretty in white" haucht Rossdale, und man glaubt fast, seine Pläne mit Langzeit-Freundin Gwen Stefani zu ahnen. Doch auch wenn hier die Geigen singen, spült das vierte Bushwerk keineswegs weich. Das nervöse "Reasons" und vor allem das Knallgas von "My engine is with you" schubsen alle Schmuser unsanft von der Tanzfläche. Ja, hier wird gezündelt. "Bad weather comes but we have wood to burn."
Natürlich kennt Rossdale auch seine zerbrechliche Seite: "When we die we go into the arms of those that remember us" haucht er im bedrückenden "Out of this world". Ein ferner Rhythmus läßt sich von schwebenden Gitarren streicheln und legt erneut die Kabel schlafen. Doch am Ende der Nacht warten die Herren Rossdale, Pulsford, Parsons und Goodridge wieder mit einer fetten Tasse Pathos. Der Zusammenhalt gibt die Kraft: "When I am with you / I feel a little brave". So schleicht sich in die Melancholie auf "Golden state" immer wieder ein heller Lichtstrahl. War "The science of things" noch ein Ausflug ins Dunkel der Nacht, ist "Golden state" die Ahnung vom Sonnenaufgang. Guten Morgen!
Highlights & Tracklist
Highlights
- Head full of ghosts
- The people that we love
- Inflatable
- Float
Tracklist
- Solutions
- Head full of ghosts
- The people that we love
- Superman
- Fugitive
- Hurricane
- Inflatable
- Reasons
- Land of the living
- My engine is with you
- Out of this world
- Float
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Ocean
2007-04-14 10:26:13
Konsum hier geht es nicht um Sixteen Stone sondern um Golden State.
Für mich ist jedes Bush Album etwa gleich gut auch wenn der Favorit für mich Razorblade Suitcase ist.
Golden State finde ich nicht so schlecht wie viele es behaupten.
Konsum
2007-04-13 18:27:18
Naja, es stimmt schon, dass die Qualität der songs mehr schwankt als auf den anderen Platten. Body, Swim, monkey haben mir auch nie so viel gegeben. Aber zu den Highlights ist auf jeden Fall noch Alien zu zählen. Everything zen natürlich auch - die Bush-Texte sind schon immer etwas schwierig, da sehr verschlüsselt. Und Testosterone fand ich, glaube ich, auch immer ziemlich gut (Schon lang nicht mehr gehört). Also insgesamt schon eine fantastische Platte, auch wenn das NIveau nicht durchgängig gehalten wird.
cidd12
2007-04-13 18:24:48
Mit dem rummethaphern wäre ich bei Herrn Rossdale vorsichtig, seine Texte sind oft hochkryptisch und teilweise doppelbödig.
Da kann nicht jeder mit ömm :-)
Natürlich mag es Ausfälle geben... gibts immer.
Dan
2007-04-13 18:00:36
aber geh, von den 4 genannten schlechten Songs des Debüts find ich drei toll :D
mononoke
2007-04-13 17:03:16
"golden state" ist eindeutig die zweitschwächste platte von bush. da ist einfach sehr viel standard-mittelmaß dabei.
schlechter ist übrigens imho "sixteen stone", die zwar vier sog. "übersongs" enthält (little things, comedown, glycerine, machinehead), aber daneben ziemlich mieses füllmaterial (bomb, testosterone, monkey, body, swim) und mit everything zen einen der dämlichsten texte, die jemals geschrieben wurden (übel unmotiviertes rumgemetaphere).
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