Black Francis - NonStopErotik

Cooking Vinyl / Indigo
VÖ: 02.04.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Kleiner Rabauke Nimmersatt

Man mag dem ehemaligen Pixies-Sänger ja vielleicht Unrecht tun, aber Charles Thompson, wie der Herr mit bürgerlichen Namen heißt, scheint doch ein etwas ruheloses Gemüt zu besitzen. Die Reunion seiner Ex-Band von 2004 liegt zwar nun schon ein Weilchen zurück, aber in der Zwischenzeit veröffentlichte er zum einen zusammen mit seiner Frau ein Album unter dem Namen Grand Duchy, betätigte sich unter anderem für Art Brut als Produzent und schrieb schließlich die musikalische Untermalung für "The Golem", einen deutschen expressionistischen Film aus den 1920er Jahren. Und so quasi nebenbei wird dann noch alle Nase lang eine Soloplatte aus dem Hemdsärmel geschüttelt, so wie nun mit "NonStopErotik", dem immerhin schon 21. Werk des scheinbaren Nimmersatts.

Wie auf den beiden letzten Platten "Bluefinger" und "Svn Fngrs" firmiert Thompson hier wieder unter dem Namen Black Francis, wie also bereits damals zu Zeiten der Pixies. Und mag man seine ellenlange Diskographie in Schaffensphasen einteilen, dann hat sich die Abkehr vom Pseudonym Frank Black auch musikalisch niedergeschlagen: weniger Countryhemdchen, dafür mehr von der Schmirgeljeans, mit der dann diesmal "NonStopErotik" versprochen wird. Diese lässt zu Beginn der Platte aber auf sich warten, denn der Opener "Lake of sin" schleudert den Hörer mit seinen sehnsüchtigen, schiefen Gitarren erst einmal unvermittelt weit hinaus gen Horizont, wo ihn dann die folgenden beiden ruhigen Tracks in lieblich weiche Plüschwölkchen packen. Reine Knuddeltierromantik also?

Nicht ganz, denn mit dem Cover "Wheels" der Flying Burrito Brothers rollt die Rockmaschinerie wieder scheppernd an und boxt sich ihren Weg nach vorne frei. So kennt man den Weirdo: wirr, krawallig und mit einem scheinbar brennendem Piano im gekrümmten Rücken, wie man es aus der Zeit mit den Catholics kennt. Das hetzend punkige "Six legged man" kommt sogar so nahe wie seit langem nicht mehr an frühere Pixies-Songs heran, während "Wild son" wieder etwas Luft rausnimmt und in die schwülstige Atmosphäre rauer Kaschemmen zu entführen sucht.

Die Liebhaber der schrägen Texte von Thompson kommen ebenso wieder auf ihre Kosten, wenn beispielsweise dem Albumtitel entsprechend wachsende Geschlechtsteile beschworen werden, die kitschige Ballade "When I go down on you" explizite Sexpraktiken als Gipfel der Zweisamkeit anführt oder der folgende Titeltrack entrückt eine Ode an den Beischlaf flötet. Das kleine Dickerchen bleibt einfach ein ewig pubertierender "Teenager of the year", was auch wieder im Schlusstrack klar wird, in dem verspielter Indierock Thompsons versponnene Odysee durch dunkle Tunnel hin zum "Cinema star" schildert. Eine der wenigen Tätigkeiten, die in seinem Curriculum noch fehlen würde. Doch wer weiß, vielleicht wird ja ein Larry Flynt bei derart ausdrücklichen Andeutungen auf den Tausendsassa aufmerksam.

(Tobias Wallusch)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Six legged man
  • When I go down on you
  • Cinema star

Tracklist

  1. Lake of sin
  2. O my tidy sum
  3. Rabbits
  4. Wheels
  5. Dead man's curve
  6. Corrina
  7. Six legged man
  8. Wild son
  9. When I go down on you
  10. Nonstoperotik
  11. Cinema star
Gesamtspielzeit: 36:51 min

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv