Tangerine Dream - Winter in Hiroshima

Eastgate / Sony
VÖ: 19.02.2010
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Alte Garde

Das Schöne an einer mittlerweile 43 Jahre andauernden Karriere als Musiker ist ja, dass einem so ziemlich alles egal sein kann. Zum Beispiel, dass die vollständige Erforschung der Diskographie mittlerweile als Dissertation zugelassen werden dürfte. Oder aber auch, sich wie Edgar Froese herausnehmen zu können, jeden noch so irrelevanten Klangschnipsel auf Tonträger zu bannen und dank eigenem Label in Kleinstauflage unter das solvente Sammlervolk zu bringen.

Zwischendurch jedoch kommt derjenige Teil in Froese durch, der einmal dafür gesorgt hat, dass Tangerine Dream neben Kraftwerk weltweit zu den einflussreichsten deutschen Bands gehört. Dann darf es auch wieder ein auf fünf Alben angelegter Zyklus namens "The five atomic seasons" sein. Mithin die Art von Projekten, die Labelchefs jüngeren Bands mit den Worten "kommerzieller Selbstmord" und "überambitioniert" um die Ohren hauen.

Eine Konzeptserie also, die das Leben eines Mannes im Japan des Jahres 1945 vertont, welches sich im Frühjahr und Sommer in Nagasaki und im Herbst und Winter in Hiroshima abspielt. Leider fällt Froese trotz seiner Erfahrung der Versuchung anheim, das eröffnende "Transition" durch pappige Keyboards und süßliche pseudoasiatische Vokal-Samples anreichern zu müssen. Nur gut, dass das folgende "Ayumi's loom" oder das durch ein langgezogenes Gitarrensolo glänzende "Togetherness" eine Art positive Melancholie verbreiten: Nach dem Atomschlag der Hintergrundstory muss das Leben weitergehen. Irgendwie.

Doch bisweilen plätschert "Winter in Hiroshima" trotz durchaus guten Niveaus und prachtvoller Breitwand-Soundscapes allzu routiniert vor sich hin. Was öfter noch als auf dem katastrophalen Album "Madcap's flaming duty", aber immer noch zu selten aufhorchen lässt, sind griffige, bisweilen gar tanzbare Arrangements wie beim schwelgerischen "Key moment" oder dem treibenden "Glowing vision". Ein Pionier im besten Sinne ist Edgar Froese längst nicht mehr. Garde statt Avantgarde. Für ordentliche Platten reicht es allerdings immer noch. Und das wiederum ist ihm sicherlich nicht egal.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ayumi's loom
  • Key moment
  • Glowing vision

Tracklist

  1. Transition
  2. Ayumi's loom
  3. Outlook
  4. Togetherness
  5. Echo of light
  6. Key moment
  7. Insiders
  8. Nexuses
  9. Glowing vision
Gesamtspielzeit: 61:31 min

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