Quasi - American gong
Domino / IndigoVÖ: 26.02.2010
Erklecklich eklektisch
Quasi im Jahre 2010 bedeutet Rückbesinnung, bedeutet Konzentration auf das Wesentliche, bedeutet Gedankenlosigkeit, Arschtritt, freies Aufspielen und straight forward. Auch wenn die die beiden letzen Veröffentlichungen "Hot shit!" und "When the going gets dark" genügend exzellente Momente vorweisen konnten, haftete den Alben doch etwas Glamouröses an. Ein ungewohntes Zurschautragen und unbescheidenes Baden in den vielen Einflüssen und Richtungen, die die Band verarbeitet und einschlägt. Dass dies dem Blick in die Tiefe abträglich war, überraschte vor allem diejenigen, die zuvor begeistert der kraftvoll-energischen Simplizität von "The sword of god" gelauscht hatten.
Mit ihrem siebten Album "American gong" gehen Sam Coomes, Janet Weiss und die neue Bassistin Joanna Bolme (Stephen Malkmus & The Jicks) nun den Weg zurück zu ungeschliffeneren Anfängen. Die vielen Ecken und Kanten bleiben splittrig und gefährlich. Dass sie mit dieser Methode nicht darauf aus sind, ihre früheren Lo-Fi-Großtaten zu wiederholen, zeigt das zentrale Prunkstück "Bye bye blackbird", das auf weit mehr als einer zentralen Idee beruht. Coomes simple E-Gitarren-Melodie wird mit Fuzzbox zu einem schrillen Rock'nRoll ausgebaut. Nahtlos erfolgt ein galanter Übergang zu den quasi-typischen Harmonien, die gewohnt knietief in den Sixties stecken. Bemerkenswert ist und bleibt Weiss' naturgewaltiges Drumming und ihr gleichzeitig zartgefühltes Gesangsduett mit Coomes. Radikal werden die ekstatischen Züge, die der Song zeitweise annimmt, gestoppt, bevor den Hörer die nächste Welle erfasst. Noiseschleifen und bitterböses Fuzz-Gelage breiten sich aus, bis der Song erneut gesprengt wird und dann so endet, als wäre nichts geschehen. Ein schieres Meisterstück in mehreren Akten.
Bestimmt hier eine konzentrierte Choreographie den Track, haben "Repulsion" und "Little white horse" nicht einmal einen Anfang und ein Ende. Vermissen muss man beides nicht, denn die Stücke beginnen mitten in ihrer Essenz. Übersteuerte Gitarren, die gleich an mehreren Stellen verschiedene Ansätze (ver)suchen, stehen im Gegensatz zum konkret abgesteckten Drumming und einer dominierend-eingängigen Basslinie. Diese chaotische Skizzenhaftigkeit einerseits und das stürmische Gleichgewicht der Rhythmussektion andererseits verbinden sich zu einem freiheitlichen, psychedelischen Rock'nRoll. Nicht ohne das Wissen, dass Quasi verdammt kluge Eklektiker sind und sich jeweils für den besten gefundenen Stoff entscheiden. Das wird alleine schon überdeutlich, wenn in "Rockabilly party" Neil Youngs "Everybody knows this is nowhere" einfallsreich und melodisch einnehmend verfremdet wird. "American gong" ist, auch wenn es nicht jederzeit wild und widerspenstig um sich greift, eine gelungener Ansatz zur Wiederbelebung und Neuausrichtung. Frühe und neue Freunde des Quasi-Kosmos dürfte dies gleichermaßen besänftigen und erfreuen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Little white horse
- Bye bye blackbird
- Rockabilly party
Tracklist
- Repulsion
- Little white horse
- Everything & not at all
- Bye bye blackbird
- The jig is up
- Black dogs & bubbles
- Death is not the end
- Rockabilly party
- Now what
- Laissez les bon temps rouler
Referenzen
Spotify
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