Stereophonics - Keep calm and carry on
Mercury / UniversalVÖ: 26.02.2010
Revolution im Keller
Uff, das muss erstmal verdaut werden. So viel Gewitztheit hätte man den Stereophonics angesichts ihres zuletzt eher mauen Outputs gar nicht mehr zugetraut. Mit dem Titel seines mittlerweile siebten Studioalbums schafft es das Seit-kurzem-Quartett nämlich, die Strategie der letzten acht Jahre griffig auf den Punkt zu bringen. Kühlen Kopf bewahren und einfach immer weitermachen. Sollen die Kritiker doch über mangelnde Kreativität schimpfen oder altgediente Fans nörgeln und die Rückkehr zum wüsten, kehligen Britrock der "Word gets around"-Phase herbeisehnen. Stereophonics ziehen ihr Ding durch. Nehmen eine Platte auf, gehen auf Tour, und dann das Ganze von vorne. Noch Fragen?
Etwas differenzierter sollte man an "Keep calm and carry on" dann aber doch herangehen. Denn im Vergleich zum dürftigen letzten Album "Pull the pin" hat sich durchaus etwas bei den Walisern getan. Neben Stammproduzent Jim Lowe und Frontmann Kelly Jones höchstselbst durfte diesmal auch Jim Abbiss die Regler bedienen. Die Tatsache, dass Jones den Arctic-Monkeys- und Kasabian-Produzenten ins Boot geholt hat, um dem Sound eine Frischzellenkur zu verpassen, deutet unmissverständlich auf zwei Tatsachen hin. Erstens sind die Stereophonics-Scheuklappen wohl doch nicht so blickdicht, wie man immer dachte - immerhin sind Jones relevante Vertreter der aktuellen britischen Rockmusik ein Begriff. Zweitens war das Kerlchen mit der Reibeisenstimme selbst nicht hundertprozentig zufrieden mit der Entwicklung der letzten Jahre. Bahnt sich da etwa eine Revolution an?
Ach wo. Groß geändert hat sich natürlich nichts. "Keep calm and carry on" ist überraschenderweise eine Mischung aus rührenden Balladen, getragenen Midtemposongs und räudigen Rockern, selbstverständlich untermalt von Jones' unverwechselbarem Kratzbürsten-Organ. Abbiss' Einfluss macht sich eher im behutsam modernisierten Klang sowie in einigen Songs bemerkbar, die weniger konstruiert wirken. Das Bemühen der Stereophonics, sich einerseits dem modernen Zeitalter zu öffnen und sich andererseits auf alte Stärken zu besinnen, kann und muss man lobend anerkennen. "She's alright" und "Trouble" sind richtig fetzige, frische Rocker, bei denen Jones so viel Gas gibt wie seit "The bartender and the thief" nicht mehr. Und dem intimen "Beerbottle" kann man Atmosphäre genauso wenig absprechen wie dem knapp an der Kitschgrenze entlangschrammenden "Show me how".
Und so könnte man "Keep calm and carry on" ein durchaus nettes Album nennen, wären da nicht so üble Griffe ins Klo wie die Single "Innocent", die bloß wie ein schlechteres "Have a nice day" klingt. Bei der nächsten Auskopplung "Could you be the one", "I got your number" oder "Uppercut" sind es dann neben der faden Musik vor allem die platten Texte, die die Handflächen unweigerlich vors Gesicht zwingen. Hätte Abbiss doch nur Alex Turner um ein paar Lyrics angeschnorrt - dann wären einem zumindest Zeilen wie "Every little thing you do is magic lately / Every little thing you do is tragically hip" erspart geblieben. Ein Historiker käme nicht umhin, dieses Album mit der Oktoberrevolution 1918 zu vergleichen: Chancen, etwas zum Besseren zu verändern, gibt es genug, aber die Verantwortlichen haben gezaudert statt gehandelt. Bleibt nur, den Walisern ein besseres Ende zu wünschen als der Weimarer Republik.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Beerbottle
- Trouble
Tracklist
- She's alright
- Innocent
- Beerbottle
- Trouble
- Could you be the one
- I got your number
- Uppercut
- Live'n'love
- 100mph
- Wonder
- Stuck in a rut
- Show me how
Referenzen
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