Gil Scott-Heron - I'm new here

XL / Beggars / Indigo
VÖ: 05.02.2010
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Black man's BBC

Hallo Understatement, Du alte Hippe. "I'm new here" betitelt Gil Scott-Heron sein mittlerweile siebzehntes Album. Und das kann einfach nicht stimmen. Wenn es jemanden gibt, der schon immer da war, dann ist es sicherlich er. Ein echter Dauerbrenner wie sonst nur die schlechte Nachricht. Oder die BBC. Musikalisch zwar im Soul und Funk beheimatet, war Scott-Heron Wegbereiter des Spoken Word und damit nachhaltige Identifikationsfigur des Rap. Zudem ewiger Rechtbehalter, denn schließlich flimmerte die Revolution immer noch nicht über die Mattscheibe. "I'm new here", das stimmt allerdings trotzdem - weil es Scott-Herons erstes Album seit 16 Jahren ist, weil unter den Produzentenfingern von XL-Boss Richard Russell durchaus etwas Neues entstanden ist, und weil sich sein Vortrag mittlerweile zu einem altersweisen Brummen heruntergetaktet hat, das in seiner verlispelten Gangart durchaus an Johnny Cash erinnert.

Ein C(l)ash der besonderen Art, der zusätzlich durch ein Cover von Smogs "I'm new here" (aha) befeuert wird. Da ist nicht nur viel Akustik und Folk drin, sondern die LoFi-Vorlage wird sogar noch in volle, bauchige Töne umgearbeitet. Den weiteren Coverversionen ergeht es nicht anders. Im Midtempo-TripHop von "Me and the devil" bleiben von Robert Johnsons Blues-Klassiker nur noch Lyrics und Intonation übrig. Da schreddern keine Delta-Slides und -Skalen aus dem Röhrenverstärker. Da singt nichts spooky wie aus einer anderen Zeit oder direkt aus der grobkörnigen, verknisterten Schwarz-Weiß-Fotografie heraus. Stattdessen ist hier alles ebenso glasklar on front und zeitgeistig aufgepeppt wie bei Brook Bentons Klavier-Crooner-Ballade "I'll take care of you".

Die Eigenkompositionen beschränken sich hingegen meist auf wenige Frequenzen wie die tief ausschwingenden Bass'n'Bass-Töne von "Where did the night go" oder das nervös klickende Handklatschen und die verwaschenen Standbässe von "New York is killing me". Dennoch schaffen es diese Songs mit ihren wenigen Mitteln, Bilder hervorzurufen, die ebenso alt wie neu sind. Eine flackernde Projektorspur, die vor dem inneren Auge Gospelchöre, Straßenköter, dick bemantelte Drug-Addicts und marodierende Jugendbanden gleichermaßen beschwört. Russells musikalische Beiträge orientieren sich hingegen eindeutiger an TripHop-Strukturen. Dennoch bleiben auch Songs wie "Running" und "The crutch" bescheiden genug, um Scott-Herons Stimme die Leitung zu überlassen.

Bei einer Spielzeit von einer knappen halben Stunde versteht es sich indes von selbst, dass auch die zahlreichen Interludes nicht alle Zeit der Welt haben. Teils bestehen sie lediglich aus dahingenuschelten Satzbrocken oder einem - allerdings aus dem Stand steinerweichenden - Bronchialauswurf. Hier zeigt sich dann, dass die Balance zwischen Spoken Word und Songformat doch nicht immer sicher gehalten werden kann. Im Inneren der Platte nimmt die Adhäsion ab, obgleich Scott-Herons Timbre natürlich ein mächtiger Klebstoff bleibt - und sich in ihm auch sein Profil kaum schärfer herausstellen könnte. Über seinem struppig-widerspenstigen Bartwuchs schließt er die Augen und zieht an einer Zigarettenmarke, die nach wie vor wie keine zweite den amerikanischen Traum und all die ihm inhärente Zerstörung symbolisiert. Auch das ist eine beinahe schon klassische Geste. Scott-Heron als Kehrseite eines Traums, dessen Gift er dennoch tief inhaliert, um seine Waffen anzurauen und ihre Klingen zu schärfen. Nur so sitzen seine Stimmbänder als feister Stachel im Fleisch des Hier und Jetzt. Altbewährt - und doch ganz neu.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Me and the devil
  • I'm new here
  • New York is killing me
  • The crutch

Tracklist

  1. On coming from a broken home (Part 1)
  2. Me and the devil
  3. I'm new here
  4. Your soul and mine
  5. Parents (Interlude)
  6. I'll take care of you
  7. Being blessed (Interlude)
  8. Where did the night go
  9. I was guided (Interlude)
  10. New York is killing me
  11. Certain things (Interlude)
  12. Running
  13. The crutch
  14. I've been me (Interlude)
  15. On coming from a broken home (Part 2)
Gesamtspielzeit: 28:26 min

Im Forum kommentieren

tinka

2010-09-28 13:15:17

wow

http://www.moma.org/explore/multimedia/videos/4/694

argh

2010-08-01 14:16:46

danke, dann freue ich mich umso mehr auf heute abend

marx

2010-08-01 13:58:16

in hamburg im mai. war sensationell.

argh

2010-08-01 13:57:19

schon jmd live gesehen?

Third Eye Surfer

2010-05-01 15:25:41

Gibt mir gar nichts. Seine alten Sachen waren da deutlich besser.

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