Seafood - When do we start fighting...
Infectious / PIASVÖ: 08.10.2001
Die Spitze des Eisbergs
Seit Frühling dieses Jahres sind Seafood um einige Krisenerfahrungen reicher. Die Aufnahmen zu ihrem zweiten Album waren von etlichen Auseinandersetzungen und Streitereien begleitet, als die Briten zunächst vier Monate in einer versifften WG in London und anschließend vier Wochen in einer noch versiffteren WG in New York hausten. Hört man sich das Ergebnis "When do we start fighting..." an, möchte man anderen Bands mit kreativen Ausfallerscheinungen am liebsten eine ähnliche Prozedur empfehlen.
Das Cover von "When do we start fighting...", das einen Eisberg im Sonnenlicht zeigt, bringt das Album bereits auf einen Nenner. Denn während die kühlen Rockstücken mit Ecken und Kanten nicht geizen, wird auch mit glitschigen Balladen nicht gespart. Und alle schimmern sie wie ein Eiskristall im Sonnenschein. Widmen wir uns zunächst den lärmenden Gitarren und wütenden Refrains, kurz: dem Rock. Da wäre "Cloaking", der von der Band nicht ganz zu Unrecht als ihr "Idlewild-Song" bezeichnet wird. Nach dem famos zornigen "Western battle" kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen, sollte man meinen.
Doch dann kommt alles anders: das Tempo wird reduziert, die Gitarren gedrosselt, und Frontmann David Line haucht den Refrain "You're so beautiful when you shine for me", so daß man verwundert wissen möchte, was denn jetzt passiert sei. Ist es am Ende doch die bekannte britische Ironie? Womöglich, denn die Band scheint sich selbst im Klaren darüber, wie "lächerlich cheesy" das doch alles klingt. Beim nächsten Schmachtfetzen "People are underestimated" teilen sich David Line und Schlagzeugerin Caroline Banks den Gesangspart, und genau das ist es wohl, was dieses Stückchen, auch wenn die Band es als "Haßballade" sieht, so rührend macht.
So wiegt einen "When do we start fighting..." erfeulicherweise niemals in Sicherheit. Die ruhigsten Balladen werden auf einmal zu lärmenden Rockern, und das Augenzwinkern glaubt man in fast jedem Song herauszuhören. Nach dem ungestümen, aber nichtsdestotrotz grandiosen Debüt "Surviving the quiet" haben Seafood an Reife zugelegt und erweisen sich als Band mit Weitblick. Sie wissen und verstehen sehr genau, was sie da tun. Auch wenn sie erkannt haben, daß die Welt schlecht ist, wirkt ihre kämpferische Entschlossenheit, den Hintern zu erheben und mit sanften Mitteln dagegenzuhalten, durchweg überzeugend: "In reality, the words of comfort do not exist." Wer würde da noch widersprechen wollen?
Highlights & Tracklist
Highlights
- Western battle
- People are underestimated
- Splinter
Tracklist
- Intro
- Cloaking
- Western battle
- Pleasurehead
- What may be the oldest
- People are underestimated
- Splinter
- In this light will you fight with me
- Desert stretched before the sun
- Similar assassins
- He collects dust
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Seafood - Paper crown king (7 Beiträge / Letzter am 11.01.2007 - 13:30 Uhr)
- Seafood - As the cry flows (10 Beiträge / Letzter am 03.03.2005 - 16:21 Uhr)