The Jeffrey Lee Pierce Sessions Project - We are only riders

Glitterhouse / Indigo
VÖ: 15.01.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Hell's Angel

Die Geste rührt zu Tränen: Der zu Lebzeiten stets unterschätzte Kauz Jeffrey Lee Pierce starb im Jahre 1996 und hinterließ seine Blues-Punk-Band The Gun Club sowie eine schäbig aufgenommene Cassette mit fragilen Demos und Songskizzen. Gun-Club-Bassist Cypress Grove fand das Tape in einer längst vergessenen Kiste auf einem verstaubten Dachboden und verbiss sich in eine glorreiche Idee: Den Skizzen sollte audiophil ansprechendes Leben eingehaucht werden. Kurz darauf hatte er sein Telefon in der Hand und rief in Amerika, Europa und Australien durch.

Lumpen lassen hat sich keiner: Der große Nick Cave kam, Mark Lanegan und die ehemalige Belle & Sebastian-Chanteuse Isobel Campbell auch, Debbie Harry von Blondie, die Raveonettes und Woven-Hand-Chef David Eugene Edwards sagten ebenfalls zu. Mit vielen dieser berühmten Damen und Herren war Pierce zu Lebzeiten verbunden, bisweilen sogar sehr herzlich. Dreizehn Jahre nach seinem Tod wird nun der von ihm zur Lebensphilosophie erhobene Satz "We are only riders" zum Überbau der Gruppentrauer. Eine Gemeinschaft, der man sich nicht entziehen kann.

In dem Moment jedenfalls, in dem Edwards wie ein gefallener Indianer heult und sich die Gitarre um Kopf und Kragen zupft, "Ramblin' mind" also in den hintersten Winkel der Hölle vorgedrungen ist, wird der Schmerz des Verlusts auch denen bewusst, die von Pierce bisher keine Note vernommen hatten. Lanegan weiß im sanften, sumpfigen "Constant waiting" davon ebenfalls sehr eindringlich zu berichten. Und Cave, dem Meister des sakralen Balladentums, kommen während des Duetts (!) mit Debbie Harry gar watteweiche Verse über die Lippen. Man würde jubeln, wenn der Anlass nicht so traurig wäre.

All diese Songs klingen in ihren Variationen so, als wären sie ursprünglich für diese Interpreten geschrieben worden - da tut es nichts zur Sache, wenn "Ramblin' mind" gleich von drei verschiedenen Künstlern aufgearbeitet wird. Und was für ein Mensch muss Pierce gewesen sein, dass all die Lichtgestalten der über den ganzen Globus verteilten Subkulturen zu seiner Wertschätzung in ein Horn stoßen? Tocotronic widmeten ihm einmal den Song "Andere Ufer" und sangen darin: "Du hast geschlafen für so lange Zeit / Eingesperrt in eine Möglichkeit". Manchmal ist k.o. eben o.k. Ruhe in Frieden, Jeffrey Lee Pierce.

(Christian Preußer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ramblin' mind (Nick Cave)
  • Ramblin' mind (David Eugene Edwards)
  • Free to walk (Mark Lanegan & Isobel Campbell)
  • St. Marks Place (Lydia Lunch)
  • Free to walk (Nick Cave & Debbie Harry)

Tracklist

  1. Ramblin' mind (Nick Cave)
  2. Constant waiting (Mark Lanegan)
  3. Free to walk (The Raveonettes)
  4. When I get my Cadillac (Lydia Lunch)
  5. Lucky Jim (Debbie Harry)
  6. Ramblin' mind (David Eugene Edwards)
  7. Constant waiting (The Sadies)
  8. Free to walk (Mark Lanegan & Isobel Campbell)
  9. St. Marks Place (Lydia Lunch)
  10. Bells on the river (Crippled Black Phoenix)
  11. Ramblin' mind (Cypress Grove)
  12. Constant waiting (Johnny Dowd)
  13. Free to walk (Nick Cave & Debbie Harry)
  14. The snow country (Mick Harvey)
  15. Just like Mexican love (David Eugene Edwards & Crippled Black Phoenix)
  16. Walkin' down the street (Doin' my thing) (Lydia Lunch, Dave Alvin & The JLP Sessions Project)
Gesamtspielzeit: 66:12 min

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