Local Natives - Gorilla manor
Infectious / PIAS / Rough TradeVÖ: 29.01.2010
Im Hängemattendschungel
Ein guter Scherz stiftet Verwirrung. Schon der US-Entertainer Andy Kaufman beherrschte das, indem er flackernde Fernsehbilder über den Äther schickte und tausende Amerikaner an ihren Antennen herumstellten, obwohl deren Endgeräte voll und ganz in Ordnung waren. Auch keine üble Idee: sein Debüt "Gorilla manor" zu nennen und dabei so gar nichts mit dem Silberrücken gemein zu haben. Waren schon so manche andere Tiernamen für Band und Album wenig repräsentativ, bleibt bei Local Natives angesichts ihres schwere- und sorglosen Indie-Pops die Frage, welcher Affe hier eigentlich das Zepter schwingt. Ein eher belangloser Konfusionsversuch.
Denn das Animalische ist weit weniger als eine Maske. Vielleicht hat es sich im Groove von Stücken wie "Warning sign" versteckt, doch als Bild zur Musik passen Sonnenhände und kubistische Träume in den Songtiteln viel besser. Grundformen werden aufgenommen und getrimmt. Versetzt mit Streichern und Klavier. Kleine Stampfer wie "Who knows who cares" turnen dann die Treppe hinunter und scheinen vor sich hin. Eigentlich ist schon bei den ersten Klängen von "Wide eyes" klar, dass "Gorilla manor" eher ein freundliches Kerlchen mit einem Bananenmilchshake ist. Dafür sorgen vor allem die Drums, die die Songs aufspannen und eine Liegewiese für sich bereitwillig fallenlassende Gitarren bieten. Alles darüber wird zur Kür, der entrückte Gesang stiehlt sich davon. So mancher Ausbruch verpufft dann jedoch an seiner Gelassenheit. Manchmal sieht man eben den Dschungel vor lauter Hängematten nicht.
Immerhin "Sun hands" wohnt ein Moment der Überraschung inne. Die Gitarre spinnt ihre Melodie, mit wenigen Mitteln tanzt das Schlagzeug im Hintergrund, die störrisch hingerotzte Zeile "I'll promise not to lose her again" bereitet den Weg für ein zorniges Riff. Im Nachglühen wird der Faden wieder aufgenommen, die Wut ist verraucht, und mit dampfenden Pfoten wird liebevoll Versöhnung geübt. Verzweiflung artet nie in Hoffnungslosigkeit aus, etwa wenn sich der Gesang in "World news" langsam steigert. Doch auf Ekstase und Katharsis wartet man vergeblich, denn kurz vor dem Höhepunkt wird auf die Bremse getreten. Gerade diese Augenblicke sorgen immer wieder für Wärme.
An manchen Stellen fragt man sich zwar, ob das nicht schon alles einmal dagewesen ist, aber die Melodien sind auf der Seite von Local Natives. Zu sehr wickeln kleine Spielereien wie in "Cards & quarters" den Hörer um den Finger. Nirgends in den Weiten des Raumes stößt der hallende Gesang an, Formen werden gedreht, gewendet und auf den Kopf gestellt, aber nie in Frage gestellt. Mit dem nötigen Selbstbewusstsein lässt sich hier jemand mit dem Palmwedel frischen Wind ins Gesicht fächeln. Die Gelassenheit bleibt auch in Augenblicken, in denen andere verzweifeln würden. Alles hier klingt nach, ohne sich zu überlagern - manchmal ein wenig verkopft, aber mit der nötigen Ruhe, um auch Spontanes bewusst einzubinden. Am Ende bleibt der Eindruck, dass statt eines Primaten ein pinker Raubkatzenschwanz in der Ferne verschwindet. Doch heute ist nicht aller Tage: "We know if we go / It's only temporary." Keine Frage.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sun hands
- Cards & quarters
- Warning sign
Tracklist
- Wide eyes
- Airplanes
- Sun hands
- World news
- Shape shifters
- Camera talk
- Cards & quarters
- Warning sign
- Who knows who cares
- Cubism dream
- Stranger things
- Sticky thread
Referenzen
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